"Europa und das Meer" im Deutschen Historischen Museum Berlin

Europas maritime Geschichte - spannend erzählt

Stand

Am 12.6.2018 von Maria Ossowski

Europa ist ein maritimer Kontinent. Küstenlänge und Gesamtgröße sprechen für sich: keiner der fünf Erdteile hat mehr Berührungspunkte mit Meeren. Wie grundlegend Meere die Entwicklung Europas geprägt haben und prägen, zeigt die Sonderausstellung „Europa und das Meer“ im Deutschen Historischen Museum in Berlin.

Europa - ein maritimer Kontinent

Das Meer. Im Tiefgeschoss des Deutschen historischen Museums empfangen uns auf 1.500 Quadratmetern transparente Wände aus Schnüren in Wellenformen. Sandbeige und himmelblau sind die dominierenden Farben. Das Meer. Wir sehen es heute positiv  als Erholungsort oder Ressource für Meeresfrüchte und Fisch, negativ als Müllhalde für Kunststoffe. Das Meer in der europäischen Geschichte war und ist unendlich bedeutsamer. Europa ist ein maritimer Kontinent.

An den Meeresküsten beginnt die europäische Geschichte

Von Küstenstädten ging die Besiedlung Europas aus. Deshalb spielen sie eine Hauptrolle in den vier Themenbereichen der Ausstellung, erklärt Projektleiterin Dorlis Blume: "Das ist zum einen die Rolle des Meeres als Herrschafts- und Handelsraum der Europäer. Zum Zweiten die Funktion als Brücke und Grenze, mit dem Bereich Migration. Der dritte Bereich ist die Bedeutung des Meeres als Ressource. Und im letzten Abschnitt beleuchten wir das Meer als Sehnsuchts- und Imaginationsort."

Venedigs Reichtum und die Verehrung des Meeres

Europa und die Weltgeschichte sind geprägt durch Hafenstädte. Venedig repräsentierte vom 12. bis zum 16. Jahrhundert den Seehandel. Die letzte goldene Prunkgaleere der Dogen als Nachbau en miniature zeugt mit kostbarem roten Samt, rot bemalten Rudern und goldenen Verzierungen vom Reichtum der Lagunenstadt in dieser Epoche.

Der alltägliche Tod auf See

Dieses Bucintoro ist zum ersten Mal außerhalb Venedigs zu sehen. Aus Amsterdam stammen Karten, Handbücher und Meeresatlanten, die Niederländer prägten als hervorragende Schiffsbauer die Seefahrt im 17. und 18. Jahrhundert maßgeblich.

Das Leben der Matrosen auf diesen Schiffen war hart und unromantisch. Sie besaßen oft nicht mehr als einen Löffel. Wenn sie auf See starben, was oft geschah, mussten sie, wie es sprichwörtlich heute heißt, den Löffel abgeben. In einer Vitrine liegen die Zeugnisse eines ärmlichen Lebens.

Von der „Europa auf dem Stier“ bis zum syrischen Flüchtling

Die Präsentation spannt einen Bogen von der Antike bis in die Gegenwart. Von „Europa auf dem Stier“, einer Terracottafigur aus dem 5. Jahrhundert vor Christus bis zum Smartphone von Mohammed Ebrahimi, einem Flüchtling, der im Schlauchbott mit dem Handy navigierte und so 2014 die mit ihm Flüchtenden rettete.

Europa war bis 19. Jahrhundert ein Auswanderungskontinent. Millionen verließen ihn Richtung Neue Welt. Ein vergilbtes Foto zeigt Auswanderer an Bord des Hochseepassagierdampfers Bremen im Jahre 1909, Kinder, Mütter und Väter und alte Menschen.

Interview mit dem Historiker Prof. Jürgen Elvert, Mitinitiator der Ausstellung

Das Meer und das Ende der Ressourcen

Als Einwanderungskontinent für Millionen Flüchtlinge ist das Meer, das Europa umgibt, heute Brücke und Grenze gleichermaßen. Gleichzeitig reisen 63 Prozent der Europäer zum Urlaub an die Meere, jene Meere, die jährlich acht Millionen Tonnen Plastik aufnehmen müssen. Jene Meere, durch die auch unsere digitale Kommunikation fließt.

Tiefseetiere am Transatlantikkabel

90 Prozent des Internetverkehrs funktioniert über Tiefseekabel. Einen Vorläufer zeigt die Ausstellung. Dorlis Blume: "Wir haben in der Ausstellung ein kleines Stück des ersten Transatlantikkabels von 1858. Das Kabel ist relativ schnell gerissen, und als man es gehoben hat, fand man daran Tiefseetiere, Krebse und andere Lebewesen. Da wusste man, dass es auch Lebewesen ganz unten auf dem Meeresgrund gibt - was man vorher gar nicht für möglich gehalten hat."

Sinnlich und spannend erzählt

Die Ausstellung Europa und das Meer ist gleichsam kulturhistorisch anspruchsvoll wie höchst aktuell, die Themen Migration, Umweltverschmutzung und Klimawandel beweisen dies. Zudem ist sie sinnlich gestaltet und spannend erzählt.

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AUTOR/IN
SWR