MMK-Direktorin kuratiert drei Schauen in Frankfurt

Susanne Pfeffer und die Gewalt der Gegenwart

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Von Martina Conrad

Erst ein knappes Jahr ist Susanne Pfeffer Direktorin des Museums für Moderne Kunst in Frankfurt (MMK), kuratiert aber bereits drei Schauen gleichzeitig. Im MMK hängen Arbeiten von US-Künstlerin Cady Noland, im „Zollamt“ ist eine Videoinstallation der Britin Marianna Simnett zu sehen. Und im „Tower“ vereint Susanne Pfeffer Werke von elf Künstlerinnen und Künstlern unter dem Titel „Weil ich nun mal hier lebe“. Das verbindende Band: strukturelle Gewalt - und teils schockierende Effekte.

Gewalt als Leitthema

Es ist ein Paukenschlag, mit dem Susanne Pfeffer in Frankfurt beginnt. "Wir leben in einer Zeit, in der Gewalt in unserer Gesellschaft, aber auch in anderen Gesellschaften immer mehr zunimmt", so die Museumsdirektorin. "Das Interessante ist, dass das in allen drei Ausstellungen sehr unterschiedlich behandelt wird."

Im Hauptgebäude des MMK stehen Leitern, Gitter, Gehstöcke, Krücken, Assemblagen aus Absperrgittern, Seilen und der amerikanischen Flagge. Diese Interventionen von Cady Noland blockieren den Weg, sie irritieren und zwingen zu Umwegen.

Der amerikanische Traum als Alptraum

Noland zeigt, so die Kuratorin, "wo der vermeintliche amerikanische Traum, die Individualisierung, an eine Brutalität gestoßen ist, die niemand – wenn er darüber nachdenkt – an sich selbst übersehen kann. Und dass der amerikanische Traum überall zum amerikanischen oder zum individuellen Alptraum geworden ist."

Auf den ersten Blick poetischer, aber in Wirklichkeit viel brutaler, ist die Videoinstallation von Marianna Simnett im Zollamt auf fünf riesigen, oval angeordneten Videobildschirmen. Alle zeigen einen Film.

Horrorkabinett mit Selbstverstümmelung

Hier tanzen in purpurne Seidentücher gehüllte Mädchen. Plötzlich kippt die Sequenz, zeigt ein verstümmeltes Gesicht. Aus der Nase kriecht etwas, unter Blutadern krabbeln Käfer. Simnett inszeniert ein Horrorkabinett, ausgehend von der Legende einer Äbtissin, die sich selbst verstümmelt, um der Vergewaltigung durch Wikinger zu entgehen.

Im Tower schließlich kreisen Videoclips und Installationen um Rassismus, Migration und Fremdheit, mit Arbeiten von Harun Farocki oder Erik van Lieshout. Keine leichte Kost, keine schöne, kontemplative Kunst – das ist nicht das Ziel der neuen Direktorin des MMK in Frankfurt.

Gegenwart voller Gewalt und rassistischer Ausschreitungen

"Wir sind ein Haus der Gegenwartskunst", sagt Susanne Pfeffer. "Es gilt, die Gegenwart zu reflektieren. Und wenn wir in einer Gegenwart leben, die sehr stark von Gewalt geprägt ist und von rassistischen Ausschreitungen, dann ist es wichtig, darüber nachzudenken." 

Auch in Zukunft wird es also Provokationen im MMK geben, Kunst am Nerv der Zeit. Susanne Pfeffer schließt kein Thema aus. Sie hat mit ihren ersten drei Ausstellungen ein gutes Gespür für die Kunstszene und aktuelle Positionen bewiesen. Ein bisschen shocking darf immer gerne dabei sein.

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SWR