Kunst-Biennale 2019 in Venedig

Maskierte Künstlerin gestaltet Biennale-Pavillon

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Von Susanne Kaufmann

Sie gestaltet den Deutschen Pavillon auf der Kunst-Biennale 2019 in Venedig: Natascha Sadr Haghighian. Wobei die Bremer Professorin für Bildhauerei beim Pressetermin in Berlin wegen einer Steinmaske gar nicht zu erkennen war. Sadr Haghighian schlüpfte damit in die Rolle einer Kunstfigur namens Natascha Süder Happelmann. Das Spiel mit Identitäten gehöre zum Kunstkonzept der Bremerin, so die Kuratorin für den Deutschen Pavillon, Franciska Zólyom.

Mit der Pressekonferenz beginnt die künstlerische Arbeit

Andere Staaten hatten für ihre Biennale-Beiträge längst Namen präsentiert. Dagegen herrschte in Leipzig an der Galerie für zeitgenössische Kunst lange Funkstille. Mit Sadr Haghighian präsentierte Kuratorin Franciska Zólyom nun endlich ihre Künstlerin für Venedig im Berliner Zeughauskino.

„Wir betrachten die Pressekonferenz und alle öffentlichen Flächen, auf denen der Pavillon in Erscheinung tritt, als Teil der künstlerischen Arbeit“, so Franciska Zólyom, die ihre Künstlerin bei einer Pressekonferenz präsentiert, die zur Performance wird. Mit einer Frau, die auch in der Radiokunst zu Hause ist: Natascha Süder Happelmann.

Natascha Süder Happelmann und Helene Duldung

Was für ein Name. Banal und gestelzt zugleich. Wer ihn googelte, bekam noch bis zum frühen Mittag kein einziges Ergebnis angezeigt. Das Gleiche gilt für die Sprecherin der Künstlerin. Auch ein toller Name: Helene Duldung.

Die Künstlerin spricht nur durch eine Sprecherin

Die Kuratorin des Deutschen Pavillons erläutert das Konzept, die Künstlerin durch eine Sprecherin vertreten zu lassen: „Es geht auch um verschiedene Protokolle. Wie wird eine Stimme hörbar? Wie kann man eine Stimme verstärken? Eine Sprecherin kann diese Rolle, diese Funktion einnehmen.“

Und die erklärt dann, dass sich der Name Süder Happelmann durch Fehlschreibung und Autokorrektur herausgebildet hat. So wurde aus der Bremer Kunstprofessorin Natascha Sadr Haghighian die Kunstfigur Natascha Süder Happelmann.

Künstlerische Idee, sich die Biografien fremder Künstler auszuleihen

Die Informationen zu ihrer Biographie, die man im Internet findet, sind verworren. Wo wurde sie geboren? In Budapest oder in München? In Kassel? London? Teheran? Hinter ihrem Projekt bioswot.net steht die Idee, sich Biographien fremder Künstler auszuleihen.

Das mache sie, so Franciska Zólyom, „um darauf aufmerksam zu machen, dass von der Biographie von Künstlerinnen und Künstlern sehr vieles abgeleitet wird - hin auf die Deutung ihres Werks - und dass dabei natürlich Herkunft oder Lebenslauf, wo Menschen leben, wo sie überall ausstellen immer wie eine Art Absicherung sind.“

Süder Happelmann schweigt - und trägt ihren Stein auf den Schultern

So ist das eben. Wen interessiert heute noch die Kunst? Was viel mehr zählt, sind äußere Parameter wie der Name der Galerie, die jemanden vertritt. Einer klugen, reflektierten Kuratorin wie Franciska Zólyom ist das zuwider.

Doch auch Natascha Süder Happelmann wird selbstverständlich durch die richtige Galerie vertreten. An der Pressekonferenz im Berliner Zeughauskino nahm heute der Berliner Top-Galerist Johann König teil. Derjenige, der Haghighian - pardon: Süder Happelmann - vertritt. Heute schwieg sie, trug nur den riesigen Stein auf ihren Schultern.

Ein starker Aufschlug - Venedig 2019 wird zum Ort für Fake News und Werte

„Sie arbeitet natürlich auch mit der Presse zusammen“, so Zólyom zur Erläuterung. „Sie wird Fragen in Form von Zeichnungen und Fragen auch über die Sprecherin oder in schriftlicher Form beantworten.“

So viel ist absehbar: Es wird im Deutschen Pavillon um große gesellschaftspolitische Themen gehen, um Fake News und wahre Werte, um Integration und den Sinn von Assimilation. Franciska Zólyom verspricht aber auch ein ästhetisches Erlebnis. Die heutige Pressekonferenz war ein starker Aufschlag.

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SWR