Juke Box Archive
Heiner Goebbels hat aus Anlass seines 70. Geburtstages aus gut 50 Jahren künstlerischer Arbeit Takes und Sounds aus seinem Oeuvre neu zusammengemischt. Eine Reise in ein Reich, wo die Gattungen und Genres von Neuer Musik, Pop, Installation, Songwriting, Jazz, Film- und Musik-Theaterszenen sich fruchtbar, mutig und nicht zuletzt auch mit Auszeichnungen gewürdigt sich auflösen. Nicht zuletzt ist dieses „Selbstportrait“ auch ein Rückblick auf deutsche Geschichte und Geschichtsaneignung.
Heiner Goebbels erstellt eine Collage, für die er sein privates Archiv nach teilweise unveröffentlichtem Material und Alternativ-Mixes durchforstet und sie mit „Favourites” mischt (Kompositionen vom „Sogenannten Linksradikalen Blasorchester“, der Band „Cassiber“, seinen Hörspielen sowie Takes aus seinen Film-, Theater- und Ensemble-Musiken sowie Installationen)
Juke Box Archive
Selbstportrait als Collage aus Audiomaterial meines künstlerischen Schaffens
von Heiner Goebbels
Produktion: SWR 2022 - Ursendung
Walden
Walden setzt sich mit dem gleichnamigen Text des amerikanischen Schriftstellers und Philosophen Henry David Thoreau auseinander. 1854 veröffentlicht, formuliert er zivilisationskritisch das Postulat eines radikalen, nur der Natur verpflichteten Individualismus. Goebbels lässt eine amerikanische Avantgarde-Legende Textpassagen aus "Walden" vortragen: den 1931 in Berlin geborenen Bob Rutman, der mit seiner jüdischen Mutter vor den Nazis fliehen musste, in den USA aufwuchs und mit seiner Musik und Aktionskunst der Beatpoetik nahesteht. Dabei bettet Goebbels Konzertstück die Texte in Natur-Sounds, in Orchesterklänge, Elektronik sowie popmusikalische Zitate als sprachmusikalischer Diskurs zum Thema Technik, Kultur und Natur.
Walden
Nach Henry David Thoreau
Live-Mitschnitt eines Konzerts in der Alten Oper Frankfurt 1998
Mit Bob Rutman und dem Ensemble Modern Orchestra unter Peter Eötvös
Produktion: Hessischer Rundfunk 1998
Die Wiederholung
Was "erinnert wird, ist gewesen, wird nach rückwärts wiederholt, wohingegen die eigentliche Wiederholung nach vorwärts erinnert. Deshalb macht die Wiederholung, wenn sie möglich ist, einen Menschen glücklich, während die Erinnerung ihn unglücklich macht", schrieb der dänische Philosoph Kierkegaard 1843 in seinem Essay "Die Wiederholung". Ihm ging es nicht um eine Lobrede aufs alltägliche Einerlei, sondern um die bewusst gelebte Wiederholung, um die Entdeckung der Strukturen, über die wir zu uns selbst gelangen, auch in der Liebe. - Auf ein gemeinsames Erlebnis "letztes Jahr in Marienbad" beruft sich ein Mann, der in einer bekannten Filmszene nach dem gleichnamigen Drehbuch von Alain Robbe-Grillet die Frau seiner Sehnsucht wiedertrifft. "There is joy in repetition", lautet der Refrain in einem Song des amerikanischen Popstars Prince, der vom Augenblick einer Verführung handelt. - Drei Schauspieler in wechselnden Rollen und Sprachen, Texte drei grundverschiedener Autoren umkreisen das Thema des musikalischen Hörstücks.
Die Wiederholung
Live-Hörstück nach Motiven von Kierkegaard, Robbe-Grillet und Prince
Regie: Heiner Goebbels
Produktion: SWF/Theater am Turm Frankfurt a. Main 1997
Hashirigaki
Laufen und eilen, skizzieren und flüssig schreiben ist die doppelte Bedeutung, die im japanischen Wort Hashirigaki steckt. Dem Schreiben zuschauen, dem Nachdenken zuhören, dazu lädt die rhythmisch repetitive Prosa von Gertrude Stein in ihrem Text »The Making of Americans« die Leser und Hörer ein. Heiner Goebbels hat Gertude Steins Texte mit den melancholischen »Pet Sounds« der Beach Boys sowie traditioneller japanischer Musik zum Klingen gebracht und zugleich konterkariert.
Hashirigaki
Hörstück nach Texten von Gertrude Stein mit Songs der Beach Boys
Produktion: Südwestrundfunk / Hessischer Rundfunk / Théâtre Vidy-Lausanne E.T.E. 2004
Einen guten Überblick über die Vielseitigkeit von Heiner Goebbels vermittelt seine Website. Objektiv wie umfassend informiert sie nicht nur über des Künstlers umfangreiches und grenzüberschreitendes Ouevre, das in die Collage JUKE BOX ARCHIVE eingegangen ist, sondern auch über seine Texte und nicht zuletzt die wissenschaftliche wie journalistische Rezeption seiner Arbeiten.
Die Website hat darüber hinaus ein Kleinod im Gepäck: Hier führt der Künstler ein poetisches Internet-Tagebuch als Photoblog. (https://www.heinergoebbels.com/photoblog.php)