Dieses Bild ging um die Welt: Adolf Eichmann, Organisator der Deportationen zur Vernichtung der europäischen Juden während der NS-Zeit, sitzt in einer gläsernen Kabine und hört über Kopfhörer die Simultanübersetzung der Anklage durch das Jerusalemer Bezirksgericht 1961.
Zeuginnen und Zeugen aus allen europäischen Ländern, aus den Ghettos und aus den Todes- und Arbeitslagern berichten vom Alltag der Verfolgung und Vernichtung. In das kollektive Gedächtnis der Israelis brannte sich ein zweites Bild ein: die ganze Nation sitzt gebannt vor den Radioempfängern.
Denn zum ersten Mal in der Aufarbeitung der NS-Verbrechen blieben die Aussagen aus dem Zeugenstuhl nicht innerhalb des Gerichtssaals, sondern wurden, wie auch die Aussagen Eichmanns, die Stimmen der Anklage, der Verteidigung und der Richter, live in die Häuser und Wohnungen in ganz Israel übertragen, durch das Radio. Zum ersten Mal drang damit die Realität des Holocaust in seiner ganzen Dimension, das, was bisher oft verdrängt oder beschwiegen worden war, an die Ohren der Öffentlichkeit.
Eine neue, nunmehr ausgesprochene Erzählung der Shoa brach sich Bahn. Das dokumentarische Hörspiel erzählt die Geschichte dieses Prozesses – aus Sicht der Radiomacher beim damaligen öffentlich-rechtlichen israelischen Rundfunk „Kol Israel“.
„Adolf Eichmann - Ein Hörprozess“ gewinnt den Deutschen Hörspielpreis der ARD 2021

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Noam Brusilovsky wurde 1989 in Israel geboren. Er studierte Theaterregie an der Hochschule für Schauspielkunst Ernst Busch. Hörspielautor und Regisseur für diverse Sender (u.a. Deutschlandfunk, SWR, WDR und rbb). Er realisierte Theaterprojekte am Münchner Volkstheater, am Konzerttheater Bern und in den Sophiensaelen sowie Produktionen bei zahlreichen Festivals (Autorentheatertage am Deutschen Theater, Körber Studio junge Regie am Thalia Theater, u.a.). Seine Hörspiele wurden in allen ARD-Sendern ausgestrahlt und mehrfach ausgezeichnet (Deutscher Hörspielpreis der ARD 2017 für "Broken German", Hörspiel des Monats der Akademie der darstellenden Künste für "We Love Israel" und Nominierung dieser Serie für "Hörspiel des Jahres" 2018 und für den "Prix Europa" 2019). 2018 wurde er mit seiner Solo-Performance "Orchiektomie rechts" in der Kategorie "Nachwuchs Autor des Jahres" in der Kritiker*innenumfrage von Theater heute nominiert.
Ofer Waldman wurde 1979 in Jerusalem geboren, zog als Mitglied von Daniel Barenboims "West-East Divan Orchestra" 1999 nach Berlin, wo er 2006 sein Diplom als Hornist an der Universität der Künste erlangte. Er spielte u.a. beim Rundfunk Sinfonie Orchester Berlin, dem Israel Philharmonic Orchestra und den Nürnbergern Philharmonikern. Im Jahre 2020 schloss Waldman seine bi-nationale Promotion erfolgreich ab, sowohl an der FU Berlin (Germanistik) als auch an der Hebräischen Universität Jerusalem (Geschichtswissenschaft). Seit 2015 arbeitet Waldman als freier Autor für Deutschlandfunk Kultur. Dazu schreibt er als Kolumnist sowohl für verschiedene deutsche und israelische Medien über innerdeutsche, gesellschaftliche Themen wie auch zum deutsch-israelischen und israelisch-palästinensischen Themenkomplex. Sein erstes, für den SWR2 als Co-Autor geschriebenes Hörspiel wurde 2018 von der deutschen Akademie der darstellenden Künste als Hörspiel des Monats ausgezeichnet und von der ARD für den 2019 "Prix Europa" nominiert.
Mitwirkende: Walter Kreye, Dirk Müller, Veit Schubert, Shelly Kupferberg, Axel Sichrovsky, Vernesa Berbo, Ramona Olasz, Aviran Edri, Orit Nahmias, Benny Claessens, Rainer Sellien, Jaron Löwenberg, Yeva Lapsker, Guy Aviad, Tamar Aviad, Helene Lilien Voigt
Regie: Noam Brusilovsky
Redaktion: Juliane Schmidt
Produktion: rbb/ DLF 2021