Wenn Jugend und ein kindlicher Körper in der Welt des Leistungsports Wettbewerbsvorteile verschaffen können, kann es schnell kriminell werden. Die Geschichte des Kunstturnens ist voller Missbrauchsfälle und unwürdiger Trainingsmethoden. Die ZDF-Serie „The Gymnasts“ ist erzählt wie ein Krimi: Bei einem Tunier in den Abruzzen werden die jungen Turnerinnen über ihre körperlichen und mentalen Grenzen hinaus getriben – bis der Druck schließlich zu groß wird und ein Mord geschieht.

Krimi in der Welt des Leistungssports
Beim Turnturnier in den italienischen Abruzzen gab es einen Mord. Wer der Mörder oder die Mörderin ist, erfährt man natürlich erst am Ende der sechs Folgen. Aber auch das Opfer bleibt einem bis zum Schluss verborgen. Die Rahmenhandlung bildet die Befragung der Kommissarin, durch die man überhaupt erfährt, dass etwas passiert ist. Und die Serie blendet dann zurück, erzählt mit jeder Folge einen Tag, beginnend mit dem Montag, dem Tag der Abreise der Mannschaft von Vis Invicta aus Neapel zum Turnier.

Verordneter Teamgeist und gepflegte Zickigkeit
Trainerin Rachele liebt ihre fünf Mädels, das spürt man. Vom Eisbaden bis zur gemeinsamen Meditation beschwört sie den Teamgeist. Und doch liegt etwas Unehrliches in der Luft. Unter den 15-jährigen ist die Grenze zwischen blöden Sprüchen und Mobbing fließend. Es herrscht gepflegte Zickigkeit.
„The Gymnasts" ist eine Coming-of-Age-Serie unter den speziellen Bedingungen des Leistungssports, das ist allein schonmal eine faszinierende Idee. Die erste Periode, erster Sex, Alkohol, der Wunsch, nicht mehr Kind zu sein, sich selbst zu finden - das sind ganz normale Teeniethemen, die aber hier immer mit der Angst vor einem möglichen Karriereende verbunden sind.

Erwachsene im Umfeld manipulieren die Turn-Kinder
Wie in der Romanvorlage "Corpo Libero" von Ilaria Bernardini spielt die besondere Verantwortung von Erwachsenen eine entscheidende Rolle, die die Kinder oft nicht schützen, sondern sie für einen kurzen Moment scheinbarer Perfektion ihrer jugendlichen Leichtigkeit berauben. Sie manipulieren, zwingen sie in ein System und lassen sie dann mit ihren Ängsten und existenziellen Unsicherheiten in dieser sensiblen Lebensphase alleine.

Gelungener Cast aus echten Kunstturnerinnen
Was diese Serie noch außergewöhnlich macht: man sieht viel guten Sport: Eleganz, ehrliche Begeisterung, Ehrgeiz. Was daran liegt, dass die jungen Hauptdarstellerinnen von Haus aus Kunstturnerinnen sind. Ihr Casting ist rundum gelungen, sie spielen vielleicht nicht immer ganz so geschliffen, dafür umso natürlicher, direkter.
Dabei vermitteln sie auf sehr berührende Weise, dass sich auch hinter ihrer maskenhaften Schminke und den glitzernden Anzügen Dramen abspielen, bei denen die perfekte Landung eher nicht vorgesehen ist.
Trailer der ZDF-Serie „The Gymnasts“:
Mehr Serien-Kritiken:
Serienkritik Die Serie „Sam – Ein Sachse“: Vom Posterboy zum Straftäter
Das erste deutsche Disney+--Original erzählt die wahre Geschichte des ersten afrodeutschen Polizisten der DDR. Nach der Wende wurde er erst zum Gesicht einer sächsischen Image-Kampagne und rutschte dann in die Kriminalität ab. Der Cast ist fantastisch, die Serie hat jedoch Schwächen, findet unser Kritiker.
SWR-Miniserie Karohemd, Smartfahrradhelm, Alman: Phil Laude über die neuen Folgen von ,,Almania”
“Jeder kann ein Alman sein!”, sagt Komiker Phil Laude, “losgelöst von der Nationalität”. Man müsse diesen Begriff mit Humor sehen. Man verbinde mit ihm ja auch positive deutsche Eigenschaften, wie etwa Pünktlichkeit oder Beständigkeit. Solch ein Alman-Bild verkörpert die Hauptfigur Frank Stimpel in Laudes SWR-Miniserie “Almania”. Ein Lehrer, der sich als Alman an einer sogenannten Brennpunktschule erstmal integrieren muss.
“Am Ende mag man auch diese Figur”, verrät Laude schon über den Fortgang der Serie. Man wolle mit dem Projekt auch verbinden und versöhnen. “Wir müssen alle gemeinsam über unserer Unterschiede lachen”, findet Laude. Man müsse eben nur auch in alle Richtungen gleich austeilen.