Der ultimative Verschwörungsfilm ist „Matrix“
Das Kino liebt Verschwörungstheorien. Filme als Medium Nummer 1 der Popkultur zeigen uns einen bestimmten Blick auf die Welt. Aber der ultimative Film zu diesem sehr aktuellen Thema ist und bleibt für die heute Lebenden ein Film von 1999: „Matrix“ von den Brüdern Wachowski. Der ist nun zwar auch schon über 20 Jahre alt, aber er wirkt kaum gealtert.

Die Ästhetik der Paranoia
"Matrix" hat uns vor allem wieder an die Ästhetik der Paranoia erinnert: Irgendetwas ist da über einem, überall, man steht unter Verdacht. Gleich aussehende entpersönlichte Männer in grauen Anzügen, verfolgen einen, und wir alle spüren es: Nichts ist wie es scheint. Alles ist Simulation.
Spaßkultur der 1990er Jahre
Das war am Ende der friedlichen, lustigen 1990er Jahre. Jener Epoche, in der uns manche Philosophen für ein paar Jahre weismachen wollten, Utopien seien endgültig ausgestorben und das Ende der Geschichte sei gekommen. Auf ewig würde man nun in einem liberalen, demokratischen Universum leben, friedlich und hedonistisch nebeneinander her.

Die Wahrheit ist da draußen
Plötzlich kamen lauter Filme ins Kino, die behaupteten, dass es noch etwas anderes gäbe, „irgendwo da draußen“. „Akte X" als Serie und im Kino machte daraus einen Slogan: „The Truth is Out There“, die Wahrheit ist da draußen. Im Kino hießen die Besten dieser Filme zum Beispiel „Fight Club“, „Truman Show“, „Lost Highway“ oder gleich „Conspiracy Theory“.

Verschwörungstheorien sind die neue Religion
Diese Beispiele zeigen, dass Michael Butter, Tübinger Professor und Experte für Verschwörungstheorien recht hat, wenn er in seinem neuen Suhrkamp-Buch zum Thema erklärt, dass Verschwörungstheorien für moderne Menschen als eine Art Religionsersatz fungieren. Sie erklären alles, aus einer einzigen Einsicht, die sich, wie bei Religionen, nur den Gläubigen offenbart.
Kino liefert das Design
Und das Kino? Liefert das Design. "Manchurian Candidate", auf Deutsch "Kandidat der Angst" von John Frankenheimer ist so eine prototypische Kalte-Kriegs-Paranoia: Ein Amerikaner wird zu einer kommunistischen Mordmaschine und um ein Haar US-Präsident.

Zweite Welle von Verschwörungsfilmen gegen Ende des Vietnam-Kriegs
Ein gutes Jahrzehnt später dann, gegen Ende des Vietnam-Kriegs und des Watergate-Skandal, gab es eine zweite Welle: In Filmen wie „Die drei Tage des Condor“ waren die Helden unschuldige, idealistische Identifikationsfiguren, die zufällig zum Opfer eines großen, anonymen, bösen Systems wurden.
Warum Filme Verschwörungsmythen lieben
Filme schenken uns die Vorstellung, dass nichts so ist, wie es scheint. Durch sie haben wir einen Blick auf die Welt gelernt, der uns diese Welt als eine rätselhafte zeigt, als eine, die von Verschwörungen und Geheimoperationen bestimmt ist.
Jede Paranoia ist relativ
Das Kino liebt Verschwörungstheorien aber vor allem, weil sie schön und witzig sind. Weil sie spannende Geschichten erlauben. Man muss sie ja nicht ernst nehmen, nicht als ihr Anhänger, aber schon gar nicht als ihr Gegner.
Durch die Erfahrungen des Kinos können wir lernen, das jede Paranoia relativ ist, und das sie in der Regel weder irre noch gefährlich ist, sondern interessant, weil sie uns Werkzeuge liefert zur Auseinandersetzung mit der Wirklichkeit.
Wer hat Angst vor „Matrix“?
Verschwörungstheorien kompensieren ein Sinndefizit und reagieren auf die Entzauberung der Welt. Das tut auch das Kino. Es inszeniert die Wiederverzauberung der Welt. Wer hat Angst vor „Matrix“?