Übermächtiger Gegner
David gegen Goliath – der Einzelne gegen eine übermächtige Institution: Das ist die gängige Konstellation in Gerichtsthrillern. In „Vergiftete Wahrheit“ ist es ein Rinderzüchter aus West Virginia, der den Chemieriesen DuPont verdächtigt, giftige Abwässer in den Bach zu leiten, aus dem seine Tiere trinken. 190 kranke Kühe musste er erschießen.
Weder die Umweltbehörde noch die Lokalpolitiker*innen schenken dem Farmer Gehör. Schließlich ist Dupont der größte Arbeitgeber in der abgehängten Gegend und finanziert die komplette Infrastruktur des Ortes. Wer will so jemandem auf die Füße treten?

Vergiftung von Trinkwasser und Luft
Ausgerechnet der Anwalt einer großen Kanzlei, die normalerweise die Interessen von Chemieunternehmen vertritt, nimmt sich dann doch des Falls an und findet Unglaubliches heraus: Hier geht es nicht nur um den Bach eines einzelnen Bauern. DuPont verpestet seit Jahrzehnten wissentlich Trinkwasser und Luft einer ganzen Stadt durch Perfluoroktansäure (PFOA), eine giftige Chemikalie aus der Teflon-Produktion, dem Wundermaterial antihaftbeschichteter Pfannen.
Mark Ruffalo als Anwalt
Mark Ruffalo in der Hauptrolle des Anwalts Robert Bilott spielt ihn als sympathischen Durchschnittstypen, der anfangs zutiefst in die amerikanische Politik und Justiz vertraut, bevor er im Zuge seiner Recherche erkennen muss, wie naiv das war. Der Aufsteiger aus kleinen Verhältnissen stellt fortan sein ganzes Berufs- und Privatleben in den Dienst der Aufklärung. Überraschenderweise kann er auch den Chef der Kanzlei für sein unprofitables Anliegen gewinnen.
Wahrer Fall als Vorlage
„Vergiftete Wahrheit“ beruht auf einem wahren Umweltskandal, der Ende der 90er Jahre ans Licht kam. Die Gerichtsprozesse dauern bis heute an. Zwar wurde durch die jahrelange Arbeit des Anwalts Robert Bilott und medizinische Studien zweifelsfrei erwiesen, dass die Chemieabfälle der Grund für viele Krebserkrankungen in der 70.000-Einwohner-Stadt sind. Doch bislang wurde DuPont nicht umfassend zur Rechenschaft gezogen.
Dem Film von Todd Haynes merkt man die Erschütterung über diese moralische Ungeheuerlichkeit mit jeder Faser an. In düsteren Bildern, unterlegt mit unheilschwanger dräuender Musik, erzählt Haynes am Beispiel von DuPont von der Macht entfesselter Konzerne. Von der Politik nur unzureichend kontrolliert, lehnen sie mit Blick auf die eigenen Gewinne jede Verantwortung für Mensch und Umwelt ab.
Hochkarätige Besetzung und geradlinige Erzählweise
Bei aller Verbitterung ist „Vergiftete Wahrheit“ doch auch getragen von dem Glauben, dass Einzelne innerhalb eines korrupten Systems etwas bewegen können. Der Film überzeugt mit einem hochkarätigen Ensemble und einer geradlinigen Erzählweise, die ganz darauf ausgelegt ist, den Zuschauer*innen klarzumachen: Dieses Thema geht uns alle an.
In der EU ist PFOA seit diesem Jahr verboten, aber es gibt viele ähnliche Chemikalien. 99% der Weltbevölkerung tragen bereits nachweisbare Mengen teflon-verwandter Stoffe in sich. Sicher ist: Wer eine antihaftbeschichtete Pfanne zu Hause hat, wird sie nach diesem Film nur noch mit Unbehagen in die Hand nehmen.