Ein fataler Unfall steht im Zentrum des neuen Tatorts aus Stuttgart: „Der Mörder in mir“ beginnt an einer alten Autorennstrecke und schafft in seinen besten Momenten den Sprung vom klassischen Sonntagskrimi zum allgemein menschlichen Drama zwischen Tod und Elend.
Fahrerflucht mit fatalen Folgen
Das Rennen um Schloss Solitude war eine Motorsportinstitution in Stuttgart, zum ersten mal wurde vor 100 Jahren dort gefahren. Eine kurvige steile Strecke, unter anderem über einen Buckel, der den Namen „Elend“ erhielt. Ausgerechnet da läuft dem Rechtsanwalt Ben Dellien in einer verregneten Nacht vermeintlich etwas vors Auto.

Er schaut nach, realisiert, dass er einen Menschen angefahren hat, denkt vielleicht kurz an seine schwangere Frau und den erhofften Karrieresprung in der Kanzlei. Und trifft eine fatale Entscheidung: Er fährt weg.
Das Opfer: ein Obdachloser, der im strömenden Regen mit Fahrrad am Straßenrand unterwegs war. Tödlich war der Aufprall aber nicht – dem Opfer hätte geholfen werden können, der Tod setzte erst später ein.
Das Ratespiel bleibt diesen Sonntag aus
Es geht in diesem Tatort auch um die Kunst der Beweisführung: wie kann man mit technischen Mitteln und mit genauer Beobachtung einen Unfallhergang rekonstruieren?
Das allseits beliebte Ratespiel: „Wer war’s?“ entfällt also für diesen Sonntag, zumindest für die Zuschauerinnen und Zuschauer. Die Spannung zieht Regisseur Niki Stein aus der Aufgabe, einen Menschen zu beobachten, der durch eine kurze Unaufmerksamkeit zum Täter wird. Und der danach im Gespräch mit seiner Frau zwischen Gewissensbissen und Vertuschungsversuchen hin- und herschwankt.

Kein brillanter Tatort
Auf die Spur des Anwalts kommen die Kommissare Lannert und Bootz trotzdem bald. Aber was können sie ihm nachweisen? Richy Müller und Felix Klare, die sonst öfter schon mal staksig nebeneinander herspielen, wirken hier nahbarer, die Frage nach Schuld und Moral führt zu einer regelrechten Sinnkrise.
„Der Mörder in mir“ ist kein brillanter Tatort, dafür braucht er zu viele Zufälle, um zu funktionieren, manche Nebenfiguren nerven mit der Zeit. Aber das Spiel mit dem „Point of no return“, mit dem, was man nicht ungeschehen machen kann, trifft die Autofahrerstadt Stuttgart an mehreren Punkten.
Die Angst wird zum Motor der Geschichte
Ein kurzer Augenblick reicht, um aus dem Wagen eine lebensgefährliche Maschine zu machen. Und welche Rolle spielt dann der soziale Status? Helfen Geld und Klassenbewusstsein am Ende dabei, vielleicht doch davonzukommen?
Die Angst, durch diesen einen Augenblick alles zu verlieren, wird zum Motor einer Geschichte, die in ihren besten Momenten den Sprung schafft vom klassischen Sonntagskrimi zum allgemein menschlichen Drama zwischen Tod und Elend.