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„Tage, die es nicht gab“: Alpin-anarchisches Remake von „Big little Lies“

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Karsten Umlauf

Die amerikanische Serie „Big little Lies“ war vor fünf Jahren ein Riesenerfolg. Eine Gruppe befreundeter Mütter ist verwickelt in einen Mordfall an der Schule ihrer Kinder. Nun kommt eine Serie in die ARD, die die Beteiligten als „Remake“ bezeichnen, allerdings mit ganz eigenen Schwerpunkten: die österreichisch- deutsche Produktion „Tage die es nicht gab“, unter anderem mit Diana Amft oder Franziska Weisz.

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Wer hat Schulleiter Paul Paulitz auf dem Gewissen?

Am Anfang sieht man einen Menschen hinabstürzen, gut 60 Meter in die Tiefe einer Staumauer. Eine Szene, die sich noch oft wiederholen wird in der Serie, mal von unten, mal von oben, meist in Zeitlupe gefilmt. Und immer wieder fragt man sich: wen hat dieser Mann kurz vor seinem Aufprall gesehen, wer ist der Mörder oder die Mörderin von Schulleiter Paul Paulitz? Oder war es doch Selbstmord, wie Staatsanwältin Miriam Hinz konstatiert, die sehr schnell am Tatort ist, und deutlich zeigt, dass dieser Tod für sie zumindest keinen großen Verlust bedeutet.

Filmstill (Foto: © ARD/ORF/MR Film/Fabio Eppensteiner)
Inès, mit Betonung auf der zweiten Silbe, hieß früher einmal einfach nur Ines. Dann hat sie Etienne geheiratet, ist mit ihm nach Frankreich gegangen, und seither fühlt sie sich als Französin. Bild in Detailansicht öffnen
Miriam, die Staatsanwältin und Mutter von drei Kindern trägt ein Geheimnis mit sich herum – und das hütet sie auch vor ihren Freundinnen. Ihre Beziehung zu ihrem älteren Mann Joachim ist deutlich abgekühlt. Bild in Detailansicht öffnen
Doris leitet die Spedition „Hauke“ seit sich ihre Mutter aus dem operativen Geschäft zurückgezogen hat – fast jedenfalls. Denn Berta Hauke ist nach wie vor gut informiert und mischt sich laufend ins Alltagsgeschäft ein. Den Mutter-Tochter-Konflikt nimmt Doris auch mit nach Hause. Bild in Detailansicht öffnen
Christiane ist als Schriftstellerin nicht annähernd so erfolgreich, wie sie es gerne wäre. Sie hat das Gefühl, versagt zu haben: Denn als einzige ihrer früheren Clique – die noch heute ihre besten Freundinnen sind – ist sie nicht wohlhabend geworden. Bild in Detailansicht öffnen
Gemeinsam haben die vier Freundinnen Höhen und Tiefen, Freud und Leid, Erfolge und Niederlagen durchlebt. Inès (Jasmin Gerat, r.) und Christiane (Franziska Hackl, l.). Bild in Detailansicht öffnen
Christiane Boj (Franziska Hackl, l.) und Miriam Hintz (Franziska Weisz, r.) sind seit ihrer Schulzeit im „Sophianum“ tief verbunden. Aber die Freundinnen verbindet auch ein dunkles Geheimnis. Bild in Detailansicht öffnen
Dann tauchen eine Kommissarin (Sissy Höfferer) und ihr Mitarbeiter (Tobias Resch) aus Wien auf und untersuchen einen Unfall, der plötzlich zu einem Mordfall wird. Das stellt das Vertrauen und den Zusammenhalt der vier Freundinnen auf eine harte Probe. Bild in Detailansicht öffnen

Das „Gelobt sei, was hart macht“-Prinzip der Eliteschule

Zu seinen Lebzeiten war Paulitz despotischer Herrscher über die Eliteschule Sophianum in der Nähe von Salzburg. Einer, der Angst macht, der unterdrückt im Dienste eines abartigen „Gelobt sei, was hart macht“-Prinzips. Und einer, der Schülerinnen und Schüler in den Selbstmord treibt.

Vier Frauen und der Todesfall des Schulleiters: Nach anfänglichen Drehbuchschwächephasen spitzt sich die Frage nach dem Täter oder der Täterin zunehmend zu. Auch, weil das Portrait dieser Clique ambivalenter und schillernder wird in ihren Versuchen, Karriere und Familie irgendwie übereinander zu bringen und sich dabei als Frauen mit ihren Geheimnissen zu behaupten. Das Ganze wird grundiert von einem absurd österreichischen Humor.

Das Remake emanzipiert sich zusehend von der Vorlage „Big little Lies“

Mit ihrem ungleichen Wiener Ermittlerduo emanzipiert sich die alpin anarchische Serie mehr und mehr von dem US-Vorbild „Big little Lies“. Diana Amft, Franziska Weisz, Jasmin Gerat und Franziska Hackl sind gut besetzt, weil sie ihr Talent zwischen Drama und Komödie ausspielen können, ohne albern zu werden. Und auch ohne die Trauer und Verzweiflung mancher Figuren zu verraten über ein System, in dem es zwischen schubsen und fallen nur selten darum geht, wie man sich gegenseitig am besten auffangen kann.

„Tage, die es nicht gab“ in der ARD Mediathek und ab 28.3. im Ersten

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Karsten Umlauf