Eingeholt von der Vergangenheit

Stuttgart-Tatort „Vergebung“: Rechtsmediziner Dr. Vogt gerät in Verdacht

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Karsten Umlauf

Rechtsmediziner sind im Tatort oft die Sidekicks, die ihre Nebenrolle spielen und ansonsten nicht weiter ins Geschehen eingreifen. Bei den Stuttgarter Kommissaren Lannert und Bootz hat sich ihr Kollege Dany Vogt dagegen in den letzten Fällen mehr und mehr freigeschwommen und wird jetzt sogar zum Protagonisten. Der Fall „Vergebung“ wirft ihn auf die eigene Vergangenheit zurück und sorgt für ein echtes Zerwürfnis mit den beiden Ermittlern.

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Flashback des Rechtsmediziners in die eigene Jugend

Der schwäbelnde Rechtsmediziner Daniel Vogt aus dem Stuttgarter Tatort ist eigentlich ein Mustermediziner: sehr genau, nicht zu schnellen Schlüssen neigend, ein Ausbund an Menschlichkeit und Integrität. Auch diesmal tut er scheinbar nur seine Arbeit. Was er verschweigt: Der Tote, der da aus dem Neckar gefischt wurde, ist ein alter Jugendfreund – Matthias Döbele. Der hatte ihm mal einen Liebesbrief geschrieben und nun kurz vor seinem Tod wieder angerufen.

Filmstill (Foto: ard-foto s1, © SWR/Patricia Neligan)
Der Mann, dessen Leiche im Neckar angeschwemmt wurde, war schwer krank und ist eindeutig ertrunken. Dr. Vogt (Jürgen Hartmann) wirkt auf Sebastian Bootz (Felix Klare) (Felix Klare) und Thorsten Lannert (Richy Müller) stiller als sonst, als er die Leiche begutachtet, die der Bagger aus dem Fluss gezogen hat. Bild in Detailansicht öffnen
Filmstill (Foto: ard-foto s1, © SWR/Patricia Neligan)
Fremdeinwirkung ist jedoch nicht auszuschließen, und so nehmen Thorsten Lannert und Sebastian Bootz die Ermittlungen auf. Der aktuelle Fall betrifft Dr. Daniel Vogt (Jürgen Hartmann) mehr als üblich. Bild in Detailansicht öffnen
Filmstill (Foto: ard-foto s1, © SWR/Patricia Neligan)
Irritiert sind die Kommissare, als sie mitbekommen, dass Dr. Vogt in dem Toten bei der Untersuchung einen Freund aus Kindertagen erkannte, dies jedoch verschwieg. Bild in Detailansicht öffnen
Filmstill (Foto: ard-foto s1, © SWR/Patricia Neligan)
Noch irritierter sind die Ermittler als sie den Eindruck bekommen, dass Vogt den Toten nicht gründlich genug untersucht hat. Bild in Detailansicht öffnen
Filmstill (Foto: ard-foto s1, © SWR/Patricia Neligan)
Die Ehefrau Sandra Döbele (Ulrike C. Tscharre), sein Sohn, Freunde: Das Leben von Matthias Döbele wird nach Verdächtigen durchleuchtet. Bild in Detailansicht öffnen
Filmstill (Foto: ard-foto s1, © SWR/Patricia Neligan)
Sebastian Bootz (Felix Klare) und Thorsten Lannert (Richy Müller) haben den Verdacht, dass Sandra Döbele (Ulrike C. Tscharre) ihren Mann mit einer Überdosis getötet haben könnte. Und dass Dr. Vogt (Jürgen Hartmann) sie schützen will. Bild in Detailansicht öffnen
Filmstill (Foto: ard-foto s1, © SWR/Patricia Neligan)
Der Fall führt weit in die Jugend von Dr. Vogt zurück (Immanuel Krehl in der Mite als junger Daniel Vogt). Statt sein Wissen mit den Kommissaren zu teilen, beginnt Vogt selbst, in seinem Heimatort nachzuforschen. Bild in Detailansicht öffnen

Von der Vergangenheit eingeholt

Man rätselt, warum Dr. Vogt die beiden Kommissarskollegen so hängen lässt. Jedenfalls scheint ihn die Vergangenheit irgendwie einzuholen. Rückblenden in die 80er-Jahre: Friedensmärsche, Basketball, Baden im Neckar in der schwäbischen Provinz. Landleben zwischen Idylle und Identitätskrisen. Döbele hat später die gemeinsame Freundin Sandra geheiratet.

Filmstill (Foto: ard-foto s1, © SWR/Patricia Neligan)
Der Fall führt weit in die Jugend von Dr Vogt zurück (Immanuel Krehl in der Mite als junger Daniel Vogt). Statt sein Wissen mit den Kommissaren zu teilen, beginnt Vogt selbst, in seinem Heimatort nachzuforschen.

Alte Schuld und neue Gefühle

Thorsten Lannert und Sebastian Bootz sind vom Kollegen ziemlich irritiert, zumal die Frau als Pflegeschwester mit Zugang zu Betäubungsmitteln als Tatverdächtige gilt. Das Versteckspiel aus alter Schuld und wieder entdeckten Gefühlen macht den Reiz des Tatorts aus, was den Rechtsmediziner aber ziemlich stresst, er läuft sogar Gefahr, sich irgendwann darin vollends zu verlieren. Die Mischung aus Sprachlosigkeit, Selbstzweifel und ein Stück weit schwäbischem Trotz bringt Schauspieler Jürgen Hartmann ziemlich gut auf den Punkt. Und dann ist da noch Conrad Ferdinand Meyer.

Filmstill (Foto: ard-foto s1, © SWR/Benoît Linder)
Die peinigenden Erlebnisse seiner Kindheit hatte Daniel Vogt (Jürgen Hartmann) lange aus seinem Bewusstsein gesperrt. Aber nach dem Tod seines Jugendfreundes geht das nicht mehr.

Bis zum nächsten Sprung in den Neckar

Sein Gedicht „Lethe“ umschreibt den Fluss des Vergessens aus der griechischen Mythologie. Und Wasser ist in diesem Film tatsächlich auch zentrales Element der Bildgestaltung: der Fundort der Leiche, die Spritzer einer angeschnittenen Grapefruit, die feinen Schweißtropfen an der Schläfe. In fast schon hyperrealistischen Aufnahmen kreist der Tatort um das Element – nicht des Lebens – sondern in diesem Fall des Vergessens als Vorstufe des Todes.

Filmstill (Foto: ard-foto s1, © SWR/Patricia Neligan)
Sebastian Bootz (Felix Klare) und Thorsten Lannert (Richy Müller) haben den Verdacht, dass Sandra Döbele (Ulrike C. Tscharre) ihren Mann mit einer Überdosis getötet haben könnte. Und dass Daniel Vogt (Jürgen Hartmann) sie schützen will.

Ein Tatort, der in Erinnerung bleibt

Das Konzept des Drehbuchteams Katharina Adler und Rudi Gaul mag dem einen oder anderen als etwas zu hoch gegriffen erscheinen, aber es setzt doch einen gewissen Ton, der den Film von vielen anderen Sonntagabend-Krimis unterscheidet. Auch wenn der Plot sich am Ende nicht ganz organisch fügt, bleibt der Tatort „Vergebung“ in Erinnerung. Auf jeden Fall bis zum nächsten Sprung in den Neckar.

Trailer Tatort „Vergebung“, 19.11. 20:15 Uhr im Ersten und der ARD Mediathek

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Karsten Umlauf