Hin- und Rückspiel zum Jubiläum
Zwei regionale Krimiteams ermitteln gemeinsam - das gab es auch schon beim Polizeiruf und selbst beim Tatort hat es das ein oder andere Gastspiel schon gegeben. Die Doppelfolge zum 50. ermöglicht aber nun, wie es ein beteiligter Redakteur ausgedrückt hat, „ein Hin- und Rückspiel.“
Dortmund gegen Bayern
Der Fußballvergleich ist gar nicht so weit hergeholt. Denn auch im Tatort spielen Dortmund und die Bayern ganz weit oben. Sie haben ihren eigenen Stil, der zwar eine männliche Schlagseite hat, aber immerhin genremäßig nicht zu festgefahren ist.
Und auch das passt zum Fußball: Frisch im Ruhrgebiet angekommen, macht die Münchener Gastmannschaft erstmal auf dicke Hose: Mit einem Haftbefehl für einen Mörder sind Batic und Leitmayr nach Dortmund gereist, aber die Kollegen zieren sich noch etwas.

Mafia-Mörder im Dienst der Polizei
Der gesuchte Mörder, der Kalabrier Pippo Mauro, soll dem Dortmunder Ermittler Faber noch Dienste erweisen: Faber untersucht das Umfeld einer Pizzeria und will dort einen vermutlich europaweiten Kokainschmuggel aufdecken.
Jörg Hartmann begegnet dem langen Arm der Mafia wieder als Faber mit Parka und gewohnt nöliger Kopf-durch-die-Wand Mentalität. Weil er seine Theorie nicht beweisen kann, geht er zusammen mit Kollegin Dalay ein großes Risiko ein. Die Ehefrau des Pizzabäckers wird unter Druck gesetzt und dann mit Mikrofon und Sender verkabelt.
Dominik Graf vermeidet Sonntagabend-Eskapismus
Der Jubiläumstatort ist für Aylin Tezel als Nora Dalay auch ihr letzter. Und es ist ein echter Knaller zum Schluss. Vor allem der erste Teil geht unter die Haut. Er ist ein Familiendrama, dem Dominik Graf nicht den Hauch von Sonntagabend Eskapismus zugesteht.
Vielmehr überträgt sich die Anspannung der Ermittler sehr direkt. Der Regisseur zeigt sich einmal mehr als großartiger Beobachter des Mafiamilieus.
Gut inszenierte Klischees
Es wird sehr viel italienisch gesprochen, mit Untertiteln. Klischees sind vorhanden, ja, aber sie sind zumindest gut inszeniert. Machotum, schlechter Geschmack gepaart mit schnellem Geld und der bruchlose Übergang von der Pastasoße zur skrupellosen Gewalt - so unerbittlich wie hier hat man das vielleicht zuletzt in der Serie „Gomorrha“ gesehen. Graf und sein Autor Bernd Lange geben jeder Figur Raum zur Entfaltung.
Neues filmisches Niveau
Den Tatort heben sie damit auf ein neues, filmisch anspruchsvolles Niveau. Mit einer Intensität, die einem am Ende des ersten Teils tatsächlich schlechte Laune machen könnte. Deswegen unbedingt auch den zweiten Teil eine Woche später anschauen!
Der spielt dann mehr im Münchener Baumilieu und schwächelt ein wenig bei der Auflösung. Die Verbindung von regionaler Farbe und krimineller Verstrickung gelingt aber auch hier, bei Regisseurin Pia Strietmann, ziemlich gut. Und Faber erweist sich als unberechenbarer Auswärtsspieler.
Verlängerung bitte!
Um nochmal den Fußball zu bemühen: Die Doppelfolge „In der Familie“ spielt nicht auf Unentschieden, sondern geht in die Offensive und ist damit auch krimitaktisch ein starkes Stück. Sie zeigt nicht nur, dass ältere Männer auch irgendwie teamfähig sind. Sondern, wie eine Fernsehinstitution frisch und überraschend bleiben kann. Dafür bitte Verlängerung!