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„Sisi & Ich“ mit Sandra Hüller und Susanne Wolff– Schauspielerinnen fantastisch, Geschichte schwach!

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AUTOR/IN
Simone Reber
ONLINEFASSUNG
Katja Freidank

Und wieder beleuchtet ein Film die Legende „Sisi“. In „Sisi & Ich“, dem neuen Film von Regisseurin Frauke Finsterwalder, lernen wir Elisabeth, Kaiserin von Österreich und Königin von Ungarn durch die Augen ihrer neuen Hofdame kennen. Leider reiht der Film nur Episode an Episode, eine wirkliche Geschichte entsteht nicht. Die fantastischen Schauspielerinnen Sandra Hüller und Susanne Wolff entwickelten ihre Magie leider um eine leere Mitte.

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 Schräge Sisi-Groteske von Frauke Finsterwalder

Als die neue Hofdame Irma Gräfin Sztáray im kaiserlichen Palast auf Korfu ankommt, soll sie erst einmal ihre körperliche Kraft und Ausdauer beweisen. Sie soll rennen können, wandern, schwimmen, springen, reiten, um der sportbegeisterten Sisi Gesellschaft zu leisten. Für die 41-jährige Gräfin ist die Position der Hofdame der letzte Ausweg, ihrer strengen Mutter zu entkommen. Heirat interessiert sie nicht, ins Kloster will sie nicht. In der schrägen Groteske von Frauke Finsterwalder lernen wir Sisi durch die Augen ihrer Untergebenen kennen. Als eine Frau, die ihre Umgebung zum Leuchten bringen kann und zum Verglühen. Und die auch ihren Gäste eine an Essstörung grenzende Diät auferlegt.  

Filmstill (Foto: DCM Filmdistibution)
Auf Korfu tritt die neue Hofdame Irma (Sandra Hüller) ihren Dienst bei Kaiserin Sisi (Susanne Wolff) an. Die bietet ihr zur Begrüßung eine Tasse Abführtee an und erklärt Irma, dass sie „keine dicken Menschen und keine Männer“ in ihrer Umgebung haben will. Bild in Detailansicht öffnen
Sisi (Susanne Wolff) ist eng mit ihrem homosexuellen Schwager Erzherzog Viktor (Georg Friedrich), genannt Luzi-Wuzi befreundet. Nach Viktors Besuch auf Korfu verfällt Sisi in eine Depression und Irma bekommt sie tagelang nicht zu Gesicht. Bild in Detailansicht öffnen
Eine Reise nach Algier, um das „sagenhafte Mimosen-Glacé zu probieren, reißt Sisi aus ihrer Schwermut. Gekleidet in einer eleganten Hut-Schleier-Kombination erkunden die Frauen das Umland. (Susanne Wolff, Sandra Hüller) Bild in Detailansicht öffnen
In ihrer Unterkunft finden die beiden Frauen einen Brief von Sisis Gemahl, Kaiser Franz Joseph, der sie nach Bad Kissingen beordert. Bild in Detailansicht öffnen
Regisseurin FRauke Finsterwalder über ihre Hauptfiguren: „Es ging mir darum in diesen Figuren, die im 19. Jahrhundert lebten, etwas zu finden, das jetzt, heute etwas mit mir macht. Eine Geschichte über die uralte, aristotelische Frage zu erzählen: Was ist Freundschaft? Und warum werden Freundschaften geschlossen? Aus Sympathie? Aus Liebe? Aus Berechnung? Und was passiert, wenn die Machtverhältnisse nicht ausgeglichen sind?“ Bild in Detailansicht öffnen

Bis in die Nebenrollen exzellent besetzter Film

Es sind die fantastischen Schauspielerinnen Sandra Hüller und Susanne Wolff, die diese Beziehungsdynamik zwischen Charme und Bodenständigkeit, Verführungskunst und Anbetung, Willkür und Hingabe miteinander ausfechten. Sandra Hüller als robuste Gräfin Sztáray öffnet sich immer mehr ihren Gefühlen für die Herrscherin. Susanne Wolff als Sisi wirkt erhaben und zerbrechlich, aber auch launisch und manipulativ. Noch die Nebenrollen sind in diesem Film exzellent besetzt. Angela Winkler spielt Sisis Mutter als Schwarze Witwe, die ihre Tochter wie eine Spinne belauert. Georg Friedrich ist der hemmungslose Schwager der Kaiserin.

Die Bilder entwickeln einen fast surrealen Sog

Die Kostüme von Tanja Hausner befreien die Frauen aus ihrem Korsett. Fern ab vom Hof erinnern die Gewänder eher an Kimonos, an Dada oder Bauhaus-Entwürfe. Mit der Ankunft von Kaiser Franz Joseph aber kippt die Stimmung. Die bis dahin verspielte Atmosphäre bekommt etwas Bedrohliches. Gewalt ist in der Hofgesellschaft allgegenwärtig. Auch Sisi muss um ihre Souveränität kämpfen. Die Kamera von Thomas Kiennast umschmeichelt die Figuren mit einem morbiden Glanz. Die Bilder wirken wie gelackt und entwickeln einen fast surrealen Sog. 

Großartige Schauspieler*innen bemühen sich leider vergeblich

Die Faszination für Sisi entspringt der Phantasie ihrer Hofdame, eine greifbare Beziehung zur Kaiserin entsteht nicht, muss Gräfin Sztáray am Ende feststellen. Dieser blinde Fleck in der Beziehung, aber wird auch zur Schwachstelle des Films. Das Buch von Frauke Finsterwalder und Christian Kracht reiht Episode an Episode, verbindet aber die einzelnen Kapitel nicht zu einer wirklichen Geschichte. Die fantastischen Schauspielerinnen, die funkelnden Bilder entwickeln ihre Magie um eine leere Mitte.

Trailer „Sisi & Ich“, ab 30.3. im Kino

Film Kein typischer Sissi-Film – Frauke Finsterwalder über ihren Film „Sisi und Ich“

„Ich wollte von Frauen erzählen, die ich selber ernst nehmen kann“ - das sagt die Regisseurin Frauke Finsterwalder über ihren Film „Sisi und Ich“. Im Mittelpunkt steht die Freundschaft der Kaiserin Sisi mit Hofdame Irma und das Machtgefälle zwischen ihnen. Frauke Finsterwalder hat sich weniger an historischen Fakten des Sisi-Mythos orientiert, sondern konzentriert sich auf die Dynamik zwischen den beiden ungleichen Frauen, dargestellt von Sandra Hüller (Irma) und Susanne Wolff (Sisi).

SWR2 am Samstagnachmittag SWR2

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