Ohne es selbst zu bemerken ist Antoine fast taub geworden
Der Geschichtslehrer Antoine ist gut darin, alles auszublenden, was ihn nervt: seine aufmüpfige Klasse, die Schrullen seiner dementen Mutter, die Freundin, die sich nach mehr Nähe sehnt und deswegen bald schon die Exfreundin ist. Nur seine Nachbarin Claire, die ihn morgens mit Schlägen gegen die Tür weckt, lässt einfach nicht locker.
Auf seine Mitmenschen wirkt Antoine wahlweise geistesabwesend, desinteressiert oder arrogant. Doch der wahre Grund, dass der Mittfünfziger vieles scheinbar gleichgültig an sich vorbeiziehen lässt, liegt tiefer: ohne es selbst zu bemerken, ist er fast taub geworden.

Eine Liebesgeschichte mit der Nachbarin
Der französische Drehbuchautor, Regisseur und Hauptdarsteller Pascal Elbé verarbeitet in „Schmetterlinge im Ohr“ eigene Erfahrungen. Die Schwerhörigkeit inszeniert er als kurioses Versteckspiel eines Mannes, der sich keine Schwäche eingestehen will.
Sowohl in der Schule als auch mit Claire, in die er sich nach einigen Hindernissen verliebt, kommt es zu vielen Missverständnissen. Denn in entscheidenden Situationen hört Antoine oft gar nichts oder das Falsche.

Hören und Verstehen müssen nicht zwingend das gleiche sein
Nur mit Claires kleiner Tochter Violette, die seit dem Tod ihres Vaters nicht mehr spricht, versteht er sich problemlos, auch auf einer emotionalen Ebene.
Hören und Verstehen können eben zwei sehr unterschiedliche Dinge sein. Als Antoine endlich Hörgeräte bekommt, eröffnet sich ihm eine neue Welt: Vom krachenden Abbeißen eines Apfels bis zum ohrenbetäubenden Knistern einer Tüte – nach Jahren der Stille rückt die Welt Antoine plötzlich extrem nah auf die Pelle.
Der Tonspur kommt in „Schmetterlinge im Ohr“ eine herausgehobene Rolle zu. Sie macht sinnlich spürbar, wie viele Alltagsgeräusche dazu beitragen, dass wir unsere Umwelt bewusst wahrnehmen. Und auch, wie einsam es wird, wenn all das wegfällt.

Kitschig und dramaturgisch nicht immer schlüssig
Denn natürlich ist Antoines Schwerhörigkeit auch eine Metapher für seine Unfähigkeit, anderen wirklich zuzuhören, Anteil zu nehmen, Bindungen zu entwickeln.
Elbé hat für die Erkundung der Schwerhörigkeit die Form einer romantischen Komödie gewählt. Folgerichtig überwindet Antoine seine emotionalen Defizite und seine Scham letztendlich mithilfe von Claire und Violette.
Das ist teils herzerwärmend, teils auch ganz schön kitschig und dramaturgisch nicht immer schlüssig. Die Botschaft des Films kommt aber rüber: Die Kunst des Zuhörens ist eher eine Sache des Herzens als der Ohren.