Amerikanischer Faschismus durch Kinderaugen
Es sind die Kinderaugen, durch die Philip Roth seine Version eines amerikanischen Faschismus schildert. Und auch David Simon bleibt in der Serie erst mal bei dem siebenjährigen Philip und seinem älteren Bruder Sandy, die im Jahr 1940 in einem jüdisch geprägten Viertel von Newark, New Jersey aufwachsen.

Politisch interessiertes Elternhaus
Philip sammelt Briefmarken wie der amtierende Präsident Franklin D Roosevelt. Sandy zeichnet leidenschaftlich gerne und entwickelt eine stille Bewunderung für den Flugpionier Charles Lindbergh, der sich zu Roosevelts Herausforderer aufschwingt.
Nachrichten werden in dem politisch sehr interessierten Haushalt übers Radio gehört, Philips Vater geht regelmäßig ins Kino, um dort in einer Art Wochenschau Neuigkeiten aus Europa, Adolf Hitler und den dortigen Krieg mitzubekommen.
Charles Lindbergh propagiert America first
Lindbergh, der amerikanische Held, dem so viele Herzen zufliegen, wirbt für einen amerikanischen Isolationismus. America first, keine Beteiligung am Krieg, außerdem greift er Juden offen an. Damit gewinnt er die Wahl und setzt als eine der ersten Maßnahmen eine Art Bildungsprogramm für jüdische Jugendliche auf, die auf dem Land die amerikanische Kultur nochmal so richtig kennen lernen sollen. Durch die Familie der Roths geht ein Riss.
Philip Roth und das Amerika Donald Trumps
Was zum Erscheinen des Romans von Philip Roth Anfang der 2000er Jahre als Zerrspiegel der Bush-Administration gesehen wurde, kann noch viel drastischer auf das Amerika Donald Trumps übertragen werden: Isolationismus, Personenkult, Emotionalisierung, antisemitische Stimmung, Spaltung.
Darauf spitzt David Simon die Serie zu, in klug dosierter Art und Weise. So führt er mit Philips Tante Evelyn und ihrem neuen Partner, einem patriotisch gesinnten Rabbi, gespielt von Winona Ryder und John Turturro, die Blindheit eines nationalistisch gesinnten Judentums auf prominente Weise vor.
Alternative Geschichtsschreibung boomt
Seit Trump ist das Genre der alternativen Geschichtsschreibung immer beliebter geworden. Anders als in der Serie „The man in the high castle“ hat man bei der „Verschwörung gegen Amerika“ aber viel weniger das Gefühl, sich in einer historischen Fiktion zu bewegen. Story und Charaktere wirken plausibel, authentisch.
Menschenverachtender Patriotismus
Der Miniserie gelingt es nicht immer gleich gut, die Handlungsstränge des Romans zu verknappen und zu bündeln. Ihre Haltung wird aber deutlich: Was ist guter, was menschenverachtender Patriotismus? Was macht eine Einwanderergesellschaft in ihrem Kern aus? Und wofür lohnt es sich wirklich zu kämpfen?
Diese sehr amerikanischen Fragen bringt die Miniserie prägnant wie fesselnd auf den Punkt. Viel zu schnell schlittert diese religiös geprägte, angstbesetzte und dennoch allzeit machtbewusste Nation hier in den Faschismus. Und so wird klar: Die „Verschwörung gegen Amerika“ ist ein eindringlicher, warnender Beitrag zum amerikanischen Wahlkampf.