Ein Aufsteiger auf Irrwegen

Paris als Menschenmühle: „Verlorene Illusionen“ nach einem Roman von Balzac

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AUTOR/IN
Rüdiger Suchsland

Ein Landei kommt in die Großstadt Paris und verliert dort all seine Ideale, steigt im Medienbetrieb und in der Gesellschaft auf, bis diese den Emporkömmling fallen lässt. Regisseur Xavier Giannoli verwandelt Balzacs Roman in eine zeitlose Geschichte über Fake News und die Korruption von Medien.

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Kommt ein Provinzler nach Paris

Lucien, ein Provinzler, kommt nach Paris voller Ideale, die er sehr bald verliert und sich selbst der Pariser Gesellschaft zum Fraß vorwirft. Der Film von Xavier Giannoli ist schwelgerisch, leidenschaftlich und dabei immer mehr als beflissenes Bebilderungskino. Und es stellt sich heraus, dass diese 180 Jahre alte Geschichte eine ganz moderne ist.

Filmstill (Foto: Cinemien Filmverleih)
Frankreich im 19. Jahrhundert: Der junge und hoffnungsvolle Lucien (Benjamin Voisin) widmet seine ganze Leidenschaft der Dichtkunst. Cinemien Filmverleih Bild in Detailansicht öffnen
Die Chance der ländlichen Enge zu entkommen, bietet sich, als seine heimliche Geliebte Louise (Cécile de France) nach Paris geht. Cinemien Filmverleih Bild in Detailansicht öffnen
Er verlässt Hals über Kopf die familiäre Druckerei und versucht fortan an der Seite seiner Geliebten, die auch seine Mäzenin ist, in der märchenumwobenen Stadt Paris Fuß zu fassen und in der Gesellschaft aufzusteigen. Cinemien Filmverleih Bild in Detailansicht öffnen
In den Intellektuellenkreisen von Paris fällt sein Talent auf fruchtbaren Boden. Lucien erhält Anerkennung, Geld und Macht. Cinemien Filmverleih Bild in Detailansicht öffnen
Sogar der wichtigste Verleger der Stadt, Dauriat (Gérard Depardieu), umgarnt den Schriftsteller, um sein erstes Buch herauszubringen. Cinemien Filmverleih Bild in Detailansicht öffnen
Als sich Lucien in die bildschöne Schauspielerin Coralie (Salomé Dewaels) verliebt, wendet sich das Blatt: ein Rückschlag folgt dem anderen und hinter den Kulissen offenbaren sich ihm die wahren Mechanismen der gesellschaftlichen Macht: Profit, Schein und Fake News. Cinemien Filmverleih Bild in Detailansicht öffnen

Brennend aktuelle Themen

Honoré de Balzac machte sich keine Illusionen über den Journalismus und die Medien. Sein Buch und dessen Verfilmung sind brennend aktuell, in Zeiten von Fake News, in Zeiten der berechtigten wie unberechtigten Kritik an Medien und ihrer Moral, in Zeiten in denen auch die Öffentlichkeit sehr bereit ist der Ansicht zuzustimmen, dass Medien nicht dazu da sind, der Demokratie und Erziehung der Menschen zum Besseren zu dienen, sondern nur noch dazu, auf möglichst billige und einfache Art zu unterhalten.

Balzac beschreibt Gesellschaft präzise

Lucien hat großen Erfolg, er wird zum gefragtesten Autoren der Saison. Er merkt nicht, wie die Gesellschaft die er nach wie vor naiv bewundert, ihn heimlich verachtet. Wie sie ihn benutzt. Dieser Film erzählt davon, wie ein Landei zum Zyniker wird.

Wie ein junger Mann erwachsen wird, und alle seine Illusionen verliert. Und nicht nur das. Lucien verliert auch seine Moral. Und am Ende verliert er seine Liebe und sein Geld. Was überlebt, das sind die Gesellschaft und ihre Gesetze.

„Comedie Humaine", „Komödie des Menschlichen" nannte Balzac seinen monumentalen Romanzyklus, der über 100 Texte umfasste, und von denen „Verlorene Illusionen" nur ein einziger, wenn auch sehr großer, prominenter und berühmter Teil ist. Dieser Film ist tatsächlich eine solche menschliche Komödie. Zum Lachen und zum Weinen.

Trailer „Verlorene Illusionen“, ab 22.12. im KIno

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Rüdiger Suchsland