Nina und Paul stehen kurz vor der Scheidung. Doch dann befinden sie sich mit einer Leiche in einem Zimmer, zufällig und doch selbstverschuldet. Plötzlich bekommt die Beziehung wieder eine Chance. Kann ein Verbrechen auch glücklich machen? Ein fein inszenierter Psychothriller mit Laura Tonke und Felix Klare.
Nina will raus aus der Ehehölle
Tablettensucht, Jobverlust, Fehlgeburt – die frühere Bilderbuchbeziehung von Paul und Nina ist zur Ehehölle aus gegenseitigen Vorwürfen geworden. Auch wenn sie den gemeinsamen Sohn Tim eigentlich möglichst raushalten wollen: selbst ein offenes Autofenster führt zum Streit.
Die Scheidung steht im Raum. Aus einem Anfall von Abenteuerlust flirtet Nina mit dem Hockeytrainer ihres Sohnes.
Notwehr mit Todesfolge
Paul schöpft Verdacht, verfolgt sie heimlich und beobachtet statt einem heißen One-Night-Stand eine Fast-Vergewaltigung, mit tödlichem Ausgang für den Hockeytrainer.

Nach dem ersten Schock reift der Plan, nicht zur Polizei zu gehen, vor allem um Sohn Timmy das Nachspiel zu ersparen: eine mögliche Verurteilung und Ausgrenzung.
Das gemeinsame Verhängnis setzt alte Gefühle frei
Das Hinterhältige bei dem Film ist, dass er einen beim Zuschauen zum moralisch fragwürdigen Komplizen macht, denn natürlich wünscht man den beiden, dass sie nicht auffliegen. Das wird aber vor allem durch Ninas Nervosität bei der Polizei immer wieder auf die Probe gestellt.
Wer’s getan hat, ist in diesem Thriller, der eigentlich doch ein Liebesdrama erzählt, also kein Thema. Es geht darum, wie aus einer Tat aus Notwehr eine vorsätzliche Vertuschung wird.
Und darum, wie die Mittäter- und Mitwisserschaft nicht zu einem toxischen Abhängigkeitsverhältnis führt, sondern Gesprächsbereitschaft und verschüttete Gefühle freisetzt.
Ein emotionales Kammerspiel
Das bleibt in seiner emotionalen Wucht noch im Rahmen des deutschen Fernsehfilms. In Sachen Konzentration und Kammerspielhaftigkeit hat der Film von Autor Stefan Rogall und Regisseur Sebastian Ko auch Anklänge an Claude Chabrol.
Zumal die Kamera mit ihren Streifzügen durch den Garten, den Blicken durch verschiedenste Fenster, mit Slowmotion und Großaufnahmen einen spannungsvollen Balanceakt schafft zwischen Transparenz und Geheimnis.
Tolle Schauspielleistung
Felix Klare kennt man, nicht nur vom Stuttgarter Tatort, sondern auch aus diversen Beziehungsproblem-Filmen als verletzlichen, grundsympathisch modernen Männertyp. Hier in der Figur des nicht ganz durchsichtigen Paul scheint er freier aufspielen zu können.
Und er hat in Laura Tonke eine tolle Partnerin, die ihre Figuren beide moralisch komplett in der Schwebe halten. So, dass sie einem die Frage, über welche Leichen man selbst für Liebe und Familie gehen würde, am Ende fast unbemerkt unterjubeln.
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