Komplizierter Beziehungsstatus
„Es ist kompliziert“ — anders lässt sich der Beziehungsstatus von Connell und Marianne kaum umschreiben. Sex spielt eine große Rolle. Er bildet eine tiefe Ebene des Einverständnisses zwischen den beiden. Aber Connell besteht darauf, dass sie in der Schule so tun als hätten sie nichts miteinander zu tun. Schämt sich da etwa jemand seiner Gefühle?

Gemeinsame Interessen
Ihre Verbindung ist nicht wirklich naheliegend. Er ist anfangs der schüchterne, aber dennoch umschwärmte Leader der Schulrugby-Mannschaft, sie die verschlossene Außenseiterin, die sich mit scharfzüngigen Kommentaren nicht gerade Freund*innen macht. Aber Connells Mutter arbeitet als Putzfrau in Mariannes Haus. Bei einem zufälligen Treffen entdecken sie gemeinsame Interessen: Literatur zum Beispiel.

Äußerst sensible Kamera
Merkwürdig direkt und schnörkellos landen die beiden zusammen im Bett und die Serie, an der Sally Rooney von Anfang als Drehbuchautorin mitgearbeitet hat, lässt sich viel Zeit, sie in der intimen Zweisamkeit zu zeigen.
Allerdings ohne dabei überhitzt, vulgär oder gar pornographisch zu wirken, was auch einer äußerst sensiblen Kamera zu verdanken ist. Die zeigt, wie aufregend und wie irritierend es ist, sich zu öffnen, sich seiner Gefühle bewusst zu werden. Und dabei zu erkennen, dass es gar nicht so einfach ist, das alles in Worte zu fassen.
Ein Leben in Beziehungen
Connell und Marianne trennen sich, sie kommen im Studium wieder zusammen, verlaufen sich in anderen Beziehungen und finden sich wieder. Das einfach als On-Off-Verhältnis zu bezeichnen, greift aber zu kurz.
„Normal People“ umschreibt auch im Bezug zu Eltern, Freund*innen, Partner*innen ein Leben in Beziehungen, die sich eben nicht an einer „Norm“ ausrichten, sondern im Miteinander wachsen, manchmal auch verkümmern, jedenfalls nicht geradlinig verlaufen. Ganz normal eben…
Geschichte vom Erwachsenwerden
Die Serie erzählt einmal eine Geschichte vom Erwachsenwerden, sich der Frage hinzugeben, wer man sein will. Was bedeutet Kunst für mich, was Geld, wie beteilige ich mich an politischen Debatten? Es ist auch die Geschichte, wie man sich in seinem sozialen Geschlecht behauptet und sich trotzdem treu bleibt.
Dass das der Serie so gut gelingt, liegt einmal natürlich an den bis in die Nebenrollen hervorragend gecasteten Schauspieler*innen. Es liegt an den von Regisseur Lenny Abrahamson stilsicher eingesetzten Mitteln wie dem Spiel mit Licht, Schärfe und Unschärfe, den auffälligen Großaufnahmen, den Augen und Blicken, die dem ganzen Look einen eher weichgezeichneten Rahmen verleihen, ohne dabei kitschig zu werden.
Gelungenes Porträt einer Generation
Es ist wohl vor allem die Entscheidung, nicht zu viel zu erklären, nicht zu viel in Dialogen aufzulösen, sondern Stimmungen, Bilder und klug eingesetzte Musik sprechen zu lassen, die „Normal People“ zu einer sehr besonderen Serie macht.
Ein Generationenporträt? Vielleicht. Eine Serie über die verbindende und befreiende Kraft von Literatur? Auch das. Und natürlich eine Geschichte von der Liebe: Wo spiele ich welche Rolle, was macht echte Freundschaft aus, wie viel Freiheit bin ich bereit, zuzulassen? Und das bleibt bis zum Ende großartig und…kompliziert.