
Netflix' neue Serie „Wednesday“ wird aus dem Stand einer der größten Erfolge des Streamingdienstes
Die Veröffentlichung war mit großer Spannung erwartet worden: Am 23. November startete Netflix die neue Serie „Wednesday“. Die Mystery-Horror-Serier um die leichenblasse Wednesday Addams (gespielt von Jenna Ortega) landete direkt zum Start in 83 Ländern an der Spitze der Netflix-Charts.
Innerhalb der ersten Woche wurden mehr als 341 Millionen Stunden der Serie gestreamt. Damit ist „Wednesday“ das erfolgreichste englischsprachige Seriendebüt in der Geschichte des Streaming-Giganten. Nur die koreanische Serie „Squid Game“ wurde innerhalb der ersten sieben Tage noch häufiger gestreamt.

Auch wenn der Riesenerfolg in seiner Deutlichkeit nicht vorhersehbar war, kommt er wenig überraschend. Netflix hat ein bewährtes Rezept für Hit-Serien und exerziert es mit „Wednesday“ präzise durch: bekannte Franchises mit Nostalgie-Faktor, zugkräftige Künstler*innen und eine Inszenierung, die wie gemacht ist für Instagram, TikTok und Konsorten.
Die Addams Family: Amerikas liebste Wiedergänger*innen
Wednesday Addams, die Titelheldin des neuen Netflix-Hits, ist der Spross der illustren Addams Family, einer der bekanntesten Familien der Filmgeschichte. Wednesday, Vater Gomez, Mutter Morticia, Bruder Pugsley und Onkel Fester pflegen eine morbide Lust an Okkultismus, Folter und gegenseitigen Mordversuchen, mit der sie ihre „normalen“ Nachbar*innen immer wieder auf die Palme bringen.
Comiczeichner Charles Addams erschafft die Familie 1938 für die Zeitschrift „The New Yorker“. 1964 produziert der TV-Sender ABC auf der Grundlage seiner Cartoons eine erfolgreiche TV-Sitcom. Unzählige Wiederholungen im Familienprogramm machen die Serie vor allem auch bei Kindern und Jugendlichen beliebt.

Es folgen zahlreiche Umsetzungen im TV und auf der großen Leinwand, als Zeichentrick und Broadway-Musical. Die wohl prägnantesten darunter sind die Kinofilme „Addams Family“ (1991) und „Die Addams Family in verrückter Tradition“ (1993), die bis heute Kultstatus genießen.
Selbstverständlich sucht die neue Netflix-Serie gezielt die Verbindung zu den erfolgreichen 90er-Filmen. Christina Ricci, die 1991 in der Rolle der Wednesday zu einem der gefragtesten Kinderstars avancierte, spielt in der neuen Serie als Lehrerin Marilyn Thornhill eine zentrale Rolle.
Tim Burton: Der ultimative „Addams“-Regisseur
Als im Oktober 2020 bekannt wird, dass Netflix ein (zu diesem Zeitpunkt noch nicht klar umrissenes) Projekt zur „Addams Family“ plant, sorgt ein Name für große Schlagzeilen: Tim Burton.
Burton gilt als ein Meister des Makabren. Seine Filme, darunter Klassiker wie „Edward mit den Scherenhänden“ (1990), „A Nightmare Before Christmas“ (1993) oder „Sleepy Hollow“ (1999), zeichnen sich durch eine wiedererkennbar düster-groteske Ästhetik aus, die der von Charles Addams nicht unähnlich ist.
Die „Addams Family“ und der Regisseur gelten schon in den 1990ern als perfekte Kombination. Burton ist 1990 gesetzt als Regisseurs des Kino-Remakes, lehnt aber schließlich wegen seiner Verpflichtungen für „Batmans Rückkehr“ ab. Ein geplanter Stop-Motion-Animationsfilm im Jahr 2010 kommt nie zustande.
Tim Burtons Mitwirken verleiht dem Projekt Gewicht und macht „Wednesday“ zu einem der meisterwarteten Neustarts auf Netflix. Laut Branchenblatt „The Wrap“ folgen bereits vor Launch 24 Millionen User*innen der Serie.

Ein Goth-Girl wie gemacht für Instagram und TikTok
Die neue Serie schlägt eine Brücke zwischen den bisherigen Inkarnationen der „Addams Family“ und den erfolgreichen Teenie-Mystery-Hits des Streaming-Giganten wie „Riverdale“ und „The Chilling Adventures of Sabrina“. Beide sind ebenfalls erfolgreiche Adaptionen nostalgiegeladener Comic-Klassiker.
Die düstere Goth-Ästhetik, die „Wednesday“ genussvoll zelebriert, ist zudem ein gefundenes Fressen für das junge Publikum in den sozialen Netzwerken. Hunderttausende Fanarts, Make-Up-Tutorials, Cosplay-Selfies und Videoclips fluten bereits wenige Tage nach der Veröffentlichung die sozialen Medien.
Besonders beliebt: eine Szene in der vierten Folge, in der Wednesday beim Schulball ihren Tanzpartner Tyler (Hunter Doohan) mit ihrem eigenwilligen Tanzstil beeindruckt. Unter #WednesdayChallenge stellen Userinnen und User auf TikTok die Szene nach und sorgen dafür, dass „Wednesday“ ein Leben über Netflix hinaus erhält.
Eine Szene wird zum viralen Hit: die „Wednesday Challenge“ überschwemmt TikTok
Mit „Wednesday“ bedient Netflix alle gleichzeitig die Addams-Nostalgiker*innen, die Burton-Fans und die TikTok-Community. Dass die Kritik der Serie nur bedingte Originalität zuspricht, kümmert die Zuschauer*innen herzlich wenig. Dem Streaming-Giganten ist es gelungen, die Erfolgsformeln hinter Serien wie „Riverdale“, „Stranger Things“ und „The Witcher“ einmal mehr zu reproduzieren. Man kann davon ausgehen, dass die zweite (und wahrscheinlich die dritte) Staffel bald bestätigt werden. Die Fans werden es danken.