Düsterer Blick in die Klima-Zukunft
2034 hängt die Welt in der Katastrophenschleife: Auch in Deutschland kommt es zu Dürren und Waldbränden, aber die Kohlekraftwerke laufen wie geplant weiter bis zum Jahr 2038. Und der Internationale Strafgerichtshof muss ein Ausweichquartier in Berlin beziehen Die Bundesrepublik auf der Anklagebank: Klingt absurd, ist aber nicht aus der Luft gegriffen. Anders als die USA oder China hat Deutschland den Internationalen Strafgerichtshof anerkannt. Anwalt Ulrich Tukur gibt trotzdem alles, um die Klage zu entkräften, über die der Vorsitzende Richter (Edgar Selge) zu entscheiden hat.

Kann eine solche Klage zulässig sein?
Der Richter benennt die Klagegrundlage mit einem „Recht auf Unversehrtheit der Natur“, abgeleitet aus dem Artikel 6 der UN-Menschenrechtskonvention, dem „Recht auf Leben“. Laut den Kläger*innen sei ein Leben in Würde ohne sauberes Wasser, saubere Atemluft und eine Existenzgrundlage nicht möglich.
Angela Merkel ist als Bundeskanzlerin a.D. als Zeugin dabei, dem Papier nach müsste sie 80 Jahre alt sein, Martina Eitner-Ocheampong spielt sie aber eher alterslos und lange Zeit seriös unverbindlich wie eh und je. Dagegen lässt sich Gerhard Schröder aus Russland entschuldigen. Er schwänzt einen Prozess mit großer Symbolik, von dem sich die Anwältinnen auch eine Signalwirkung versprechen.

Sachlichkeit dominiert im Film
Ist das der Traum aller linken und rechten Gegner*innen von Rot-Grün-Merkelscher Konsens- und Wirtschaftspolitik? Eher nicht. Natürlich wird es in dem mit Plexiglas coronakonform eingerichteten Saal auch mal laut und emotional, vor allem bei Alicia von Rittberg als Klagevertreterin und früherer Umweltaktivistin.
Und doch geht es die meiste Zeit sachlich und nüchtern zu. Um nicht zu sagen trocken und kompliziert – und das mit voller Absicht. Denn es ist wohl kaum anders möglich, wenn man zum Beispiel verdeutlichen will, welche fatalen Weichen die SPD-geführte Bundesregierung gestellt hat, als sie den Emissionshandel zwar eingeführt, aber gleich wieder stranguliert hat
Andres Veiel im Gespräch über seinen Klima-Thriller „Ökozid“
Kein spektakuläres Gerichtsdrama, aber eine packende Bestandsaufnahme
Als Gerichtsdrama lässt „Ökozid“ vieles vermissen, was die Klassiker des Genres auszeichnet: unschuldig Beklagte, zerrissene Charaktere, kammerspielartige Spannung und vieles mehr. Doch rückt die Spielhandlung die persönliche Verantwortung von Politikerinnen und Wirtschaftsbossen viel näher als es ein Dokumentarfilm könnte.
Medienreaktionen auf „Ökozid“ in der SWR2 Kulturmedienschau
Regisseur und Autor Andres Veiel ist ein akribischer Rechercheur. Wer seinen Film bis zum Ende mitgeht, bekommt eine Ahnung davon, was es bedeutet, dass die Bundesregierung gegenüber strengeren EU-Plänen auf Verzögerung und Abschwächung gesetzt hat, auf Kosten des Klimas. Wer die Idee der Vereinten Nationen auch beim Klimaschutz ernst nimmt, kann das beklagen – vielleicht findet sich ja irgendwann wirklich ein Gericht dafür.