Film

„Elaha“ von Milena Aboyan: Mythos Jungfernhäutchen

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AUTOR/IN
Julia Haungs

In „Elaha“ von Milena Aboyan geht um eine junge Deutschkurdin, die vor der Hochzeit ihre Jungfräulichkeit wiederherstellen will. Zwischen bedingungsloser Liebe zu ihrer Familie und dem Wunsch nach einem selbstbestimmten Leben hin- und hergerissen, muss sie eine schwerwiegende Entscheidung treffen. Ein berührender Film, der mit einem der größten Mythen des Patriarchats aufräumt.

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Heiraten nur als Jungfrau möglich

Wenn Elaha in zwei Monaten heiratet, muss sie Jungfrau sein. Doch das ist sie nicht mehr. Mit zunehmender Verzweiflung lotet die Deutschkurdin ihre Optionen aus. Die Wahrheit zu sagen, kommt nicht in Frage. Das würde die Ehre ihrer Familie beschmutzen. Eine Rekonstruktion des Jungfernhäutchens kostet 3000 Euro. So viel Geld hat die 22-Jährige nicht.

Hilfe aus der Apotheke

Bleiben noch die Kapseln aus der Apotheke. Sie sollen beim Sex anfangen zu bluten und so ein gerissenes Jungfernhäutchen simulieren. Doch der Test misslingt. Elaha weiß nicht weiter. Nicht einmal ihren beiden Freundinnen wagt sie sich anzuvertrauen. Dabei sind alle drei frustriert von den strengen Regeln ihrer Community.  

Blick in eine archaische Welt mitten in Deutschland

Milena Aboyan zeigt in ihrem Diplomfilm der Filmakademie Baden-Württemberg eine archaische Welt mitten in Deutschland. Obwohl Elaha schon 22 Jahre alt ist, überwacht die Familie jeden ihrer Schritte. Abi machen – überflüssig, sie heiratet doch bald.

Ausgehen mit Freundinnen – verboten. Zu schnell bekommt ein Mädchen einen schlechten Ruf. Und auch ihr Bräutigam gibt ihr zu verstehen: wer sich nicht an die Regeln hält, ist eine Schlampe. Jede Form von Selbstbestimmung scheint für Elaha und ihre Freundinnen ein unerreichbares Ziel.

Kampf gegen die männliche Herrschaft über den weiblichen Körper

Regisseurin und Co-Drehbuchautorin Milena Aboyan ist selbst jesidische Kurdin. Als Kind ist sie mit ihren Eltern aus Armenien nach Deutschland gekommen. Geschichten wie die von Elaha kennt sie einige. Und doch ist es ihr wichtig, zu betonen, dass es ihr mit dem Film nicht nur um das Problem einer bestimmten Kultur oder Religion geht.

Filmstill (Foto: © Christopher Behrmann / Kinescope)
Elaha mit ihrem Verlobten Nasim (Armin Wahedi). Sie hat panische Angst, dass er in der Hochzeitsnacht merkt, sie ist keine Jungfrau mehr.

Für sie steht der Konflikt um die Jungfräulichkeit stellvertretend für die Herrschaft des Patriarchats über den weiblichen Körper. Mit „Elaha“ leistet Milena Aboyan einen Beitrag, um mit diesem weltweit verbreiteten Mythos aufzuräumen. Darüber hinaus gibt ihr berührender Film Einblick in eine Community, von der man in Deutschland nach wie vor nur wenig weiß.

Trailer „Elaha“, ab 23.11. im Kino

Gesellschaft Doku-Tipp: Mythos Jungfernhäutchen

Es ist ein anatomischer Mythos: Die Idee vom Jungfernhäutchen, das die Vagina verschließt und beim ersten Sex reißt. Doch Jungfräulichkeit lässt sich so medizinisch nicht nachweisen. Die Doku „Mythos Jungfernhäutchen“ klärt auf und ist in der ARD-Mediathek zu sehen.

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