Im Stil einer Abteilungsleitersitzung
Dieser Film ist schwer zu ertragen. Und das ist gut so. Denn wie sollte es auch leicht oder einfach unterhaltsam sein, wenn 15 Männer in geradezu zivilisiertem und reflektiertem Ton über millionenfachen Mord reden? Und das in einem Stil, der an eine Abteilungsleitersitzung in der freien Wirtschaft erinnert.

Karriere-Nazi Reinhard Heydrich
Philipp Hochmair ist Reinhard Heydrich, der Karrierenazi mit einem Masterplan im Kopf und mit Samt in der Stimme. Hinter der verbirgt sich aber das harte Machtkalkül, die Fäden der ganzen Tötungsorganisation in die eine, eigene Hand zu bekommen.

Europas Juden „wegarbeiten“
Der Film mit Godehard Giese, Thomas Loibl und Jakob Diehl schildert die 90-minütige Konferenz, er wirkt aber auch gerade durch die Gespräche am Rande, die kleinen Allianzen, die sich bilden, sehr authentisch. Wohlgemerkt, es gibt zwischen den Vertretern von Partei, Gestapo oder Leuten von der Ostfront keine Diskussion über die Frage, ob es richtig ist oder nicht, Frauen, Kinder und alte Menschen umzubringen. Und die Arbeitskraft der gesunden jüdischen Männer so lange auszunutzen bis sie entkräftet sterben oder auch getötet werden. Sie sind sich einig in dem Ziel, möglichst viele europäische Juden, wie es im Jargon heißt, „wegzuarbeiten“.

Welches Recht gilt noch?
Meinungsverschiedenheiten gibt es wohl. Zum Beispiel mit dem Verwaltungsjuristen Wilhelm Stuckart aus dem Innenministerium, einem der Verfasser der Nürnberger Rassegesetze. Über die Frage, ob man sich bei alldem überhaupt noch an das Recht gebunden fühlt bzw. ob der Staat weitere Schlüsselkompetenzen an die SS abtreten sollte.
In der Wannseevilla herrscht gediegene Atmosphäre, alles ordentlich, alles: ohne Emotion. Das ist vielleicht die Quintessenz dieses wichtigen Films von Matti Geschonneck und Magnus Vattrodt, der ganz bewusst auf jegliche Musik verzichtet, weil sie möglicherweise manipulativ stimmungsbildend und verharmlosend wirken könnte.
Kalte Todeslogistik macht diesen Film so beeindruckend
Das Monströse der Wannseekonferenz ist ihre kalte Todeslogistik. Sie drückt sich in Zugfahrplänen aus, Waggonbelegungszahlen oder Windrichtung-Berechnungen. So hält man sich den Tod vom Leib. Die Erinnerung daran ist essentiell, damit diese und ähnliche Sprachhülsen nicht einfach so in der Weltgeschichte herumliegen. Und von späteren Generationen in menschenverachtender Weise wieder aufgegriffen werden.
„Die Wannseekonferenz“ von Matti Geschonneck in der ZDF Mediathek und am 24.1. im ZDF