„Suzume“ von Makoto Shinkai (Foto: picture-alliance / Reportdienste, picture alliance/dpa/Crunchyroll)

Trickfilmkunst aus Japan

„Suzume“ von Makoto Shinkai – Hinreißendes Fantasydrama des neuen japanischen Anime-Großmeisters

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Dominic Konrad
Dominic Konrad, Autor und Redakteur bei SWR Kultur und SWR Musik (Foto: SWR, Foto: Dominic Konrad)

Für viele Journalist*innen ist Makoto Shinkai der „neue Hayao Miyazaki“, ein neuer Großmeister der japanischen Animation. Sein poetisch-fantastischer Film „Your Name“ katapultierte den Regisseur 2016 an die Spitze des japanischen Kinos. Jetzt ist sein postnukleares Drama „Suzume“ in den Kinos zu sehen und könnte den Erfolg des Vorgängers sogar noch übertreffen.

„Suzume“ auf Erfolgskurs in Peking (Foto: picture-alliance / Reportdienste, picture alliance / ASSOCIATED PRESS | Ichiro Ohara)
In Asien ist „Suzume“ bereits ein Riesenhit. Auf der Berlinale lief der Anime im Wettbewerb, nun ist er im deutschen Kino gestartet.

Girl meets Boy in Weltendzeit-Traumwelten

Japan nach dem großen Tohoku-Erdbeben 2011. Mehr als 22.000 Menschen kamen damals ums Leben, unter ihnen auch die Mutter der 17-jährigen Suzume. Sie findet heraus, dass das Beben, wie viele andere Naturkatastrophen, durch unruhige Naturgeister ausgelöst wurde.

Gemeinsam mit dem jungen Wächter Souta begibt sich Suzume auf eine Reise, um die Portale der Geisterwesen zu schließen und weitere Verwüstungen zu verhindern. Es beginnt ein Abenteuer, das Suzume durch ganz Japan und zu sich selbst führen wird.

In kaum einem Land sind Katastrophen-Szenarien so allgegenwärtig wie in Japan. Der Inselstaat liegt in einem der erdbebenreichsten Gebiete der Welt. Es ist das Land der Atombombe und eines der verheerendsten Atom-Unfälle der jüngeren Geschichte. Die Allgegenwärtigkeit der Gefahr ist ein zentrales Element in den Filmen von Makoto Shinkai.

Schon vor dem deutschen Kinostart einer der erfolgreichsten Filme Japans

Ob Klimakrise, Kometenabsturz oder Erdbeben: Die Themen hinter den Filmen von Makoto Shinkai sind düster und ernst. Trotzdem sucht der Regisseur und Autor in der Krise immer wieder nach Normalität und zwischenmenschlicher Nähe – und findet damit Hoffnung.

Mit dem Film „Your Name“ wurde Shinkai 2016 praktisch über Nacht zur großen Hoffnung des japanischen Zeichentrick. Mehr als 382 Millionen Dollar spielte der Film an den Kinokassen ein und wurde so zu einem der erfolgreichsten japanischen Filme aller Zeiten, nur übertroffen vom Oscar-prämiertem Trickfilmklassiker „Chihiros Reise ins Zauberland“.

Diesen Erfolg könnte Shinkai nun mit „Suzume“ wiederholen: In Japan lief der Film bereits im November 2022 an und spielte bereits vor dem deutschen Kinostart international 256 Millionen Dollar ein. Schon jetzt zählt „Suzume“ zu den Top 5 der erfolgreichsten japanischen Kinofilme aller Zeiten.

Regisseur Makoto Shinkai (Foto: IMAGO, UPI Photo)
Ein wandelnder Stuhl mit drei Beinen wird zu Suzumes Begleiter auf ihrer Reise „Der Stuhl wurde vom Tsunami mitgerissen und hat ein Bein verloren“, erklärt Regisseur Shinkai. „Das fehlende Stuhlbein steht stellvertretend für Suzumes Mutter, die sie verloren hat.“

Mehr Murakami als Miyazaki

Mit dem Erfolg kommen die Vergleiche. Die westliche Presse feiert den 50-jährigen Shinkai als den „neuen Hayao Miyazaki“ und vergleicht ihn mit dem Leiter des Studios Ghibli, dem Regisseur hinter Genre-Klassikern wie „Mein Nachbar Totoro“, „Prinzessin Mononoke“ und „Chihiros Reise ins Zauberland“.

 „Er ist eine Legende“, sagt Shinkai im Interview mit dem britischen Guardian 2016, aber man sollte seinen Stil nicht imitieren wollen: „Ich möchte Emotionen hervorrufen, so wie es seine Filme getan haben.“

Und tatsächlich: Makoto Shinkai konfrontiert seine Figuren mit kritischen Lebenslagen, seine übergeordneten Themen sind Verlust, Einsamkeit und Sinnsuche. Darin ähneln seine Filme mehr den Romanen Haruki Murakamis als den märchenhaften Welten der Filme Hayao Miyazakis.

Die Schwere löst Shinkai dabei immer mit fantastischen Elementen, Hoffnung, Freundschaft und gelegentlich etwas zu viel Kitsch. Das Ergebnis, so auch „Suzume“, sind dennoch hinreißende Filme, deren Botschaft und Ästhetik den Weg ins Kino wert sind.

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Dominic Konrad, Autor und Redakteur bei SWR Kultur und SWR Musik (Foto: SWR, Foto: Dominic Konrad)