Erinnerungen eines verbitterten, tauben Mannes
Früh übt sich, was ein Wunderkind werden soll. Unter strenger Aufsicht des ehrgeizigen Vaters übt der kleine Ludwig, der manchmal auch Louis genannt wird, auf dem schon ziemlich runtergespielten Hammerklavier. Mozart ist das Vorbild. Verbunden mit der Hoffnung auf gesellschaftlichen Aufstieg. Beträchtliches Talent hat er, keine Frage.
Knapp 50 Jahre später sitzt der nahezu taube Beethoven bei seinem Bruder auf einem Landsitz in Österreich: durch die 9. Sinfonie ist er unsterblich geworden, trotzdem plagen ihn Geldsorgen. Seine späten Kompostionen, die Streichquartette und die große Fuge müssen fertig werden. Aber ihre Radikalität, gepaart mit seiner aufbrausenden Art, bringen Musiker zur Verzweiflung.

Fokus auf Kindheit und Jugend Beethovens
Der Film „Louis van Beethoven“ erzählt das Leben in Rückblenden, als Erinnerungen des verbitterten, tauben, aber geistig immer noch sehr wachen Mannes. Interessant daran ist, dass die sogenannte heroische Phase, seine großen Erfolge in Wien, ausgespart werden. Stattdessen konzentriert sich der Film auf die Kindheit in Bonn und die Zeit als junger Mann. Das Ziel: Die Entstehung eines revolutionären Geistes zu zeigen, geprägt von den Ideen der Aufklärung und gepaart mit der Bereitschaft, Freiheit und Gleichheit auch konsequent als gesellschaftliches Ideal zu denken.
„Wer dieses Leben erzählen will, muss lügen oder dichten“ hieß es Anfang des Jahres in einer großen Zeitung über die Vita von Beethoven – weil vieles gerade aus der frühen Zeit in Bonn nicht verbrieft und fast alles von der Rezeption der letzten 200 Jahre überlagert ist.
Sympathische Besetzung mit Tobias Moretti als älterem Beethoven
Nun, Regisseur und Autor Niki Stein dichtet auf jeden Fall ein bisschen mehr als dass er lügt – über eine junge unerreichte Liebe zum Beispiel oder über ein angebliches Treffen mit dem großen Mozart.
Insgesamt funktioniert das vor allem durch die sympathische Besetzung: der unerschrocken freche Colin Pütz, der hemdsärmelig beseelte Anselm Bresgott und vor allem Tobias Moretti als desillusioniert ungeduldiger, reifer Komponist komplettieren den dreifachen Beethoven.
Immer wieder eilt die Musik zur Hilfe
Der Film macht es einem anfangs nicht leicht, er springt rastlos zwischen den Zeiten und Orten, als wolle er ein Beethoven'sches Streichtrio mit seinen scharfen Kontrasten und den unruhigen Wechseln des Charakters nachbilden. Dabei verliert er sein Thema, den roten Faden manches Mal aus den Augen. Zu Hilfe eilt glücklicherweise immer wieder die Musik, mit der der Film vorbildlich umgeht.
„Louis van Beethoven“ kratzt nur ein bisschen am Mythos. Der Film zeigt den großen Komponisten dennoch von einer unbekannten nahbaren Seite: nicht als genialischen Grübler, sondern mit rheinischem Singsang, durchdrungen von Freiheits- und Kunstidealen. Und er endet im Bewusstsein, dass die Musik und ihr humanistisches Erbe jede noch so erzählenswerte persönliche Episode überstrahlt.