West-Jeans gegen Stasi-Uniform
Wie findet die Stasi zuverlässige Befehlsempfänger? In „Leander Haußmanns Stasikomödie“ lässt die Behörde sie an einer manipulierten Ampel unendlich lange auf grün warten. Der junge Ludger Fuchs besteht die Prüfung.
Zur Belohnung darf er ab sofort die Berliner Bohème ausspionieren. Er vertauscht die olle Stasi-Uniform mit einer West-Jeans, bezieht eine Wohnung im Prenzlauer Berg und stürzt sich ins Abenteuer. Sein Auftrag: er soll berichten, was die „Negativ-Dekadenten“ so treiben und eine der lautesten Aufrührerinnen heiraten.

Vom Opfer zum Täter
Doch so einfach lässt die Stasi ihn natürlich nicht vom Haken und Ludger, der den Künstler in sich entdeckt, muss künftig lavieren: zwischen zwei Frauen, seiner Schriftstellerei und den Berichten für die Stasi.
Erzählt ist die Geschichte als Rückblick des alten Ludger Fuchs, inzwischen ein gefeierter Autor der Bundesrepublik, der als eine der wichtigsten Stimmen der DDR-Opposition gilt. Doch als er im Kreis seiner Familie zum ersten Mal seine Opfer-Akte anschaut, holt ihn mit einem geheimnisvollen Brief auch seine Täter-Vergangenheit ein.
Verharmlosender Blick auf die Staatssicherheit
Regisseur Leander Haußmann ist bekannt dafür, dass er in all seinen Geschichten das Heitere und Versöhnliche sucht. So kommt nach seinen DDR-Filmen „Sonnenallee“ und „NVA“ auch seine Stasikomödie äußerst freundlich - man könnte auch sagen verharmlosend – daher.
Der Film basiert auf Haußmanns Volksbühnenstück „Haußmanns Staatssicherheitstheater“ von 2018. Haußmann, der selbst in einer Künstlerfamilie in der DDR aufgewachsen ist, malt das Leben der Bohème in den schillerndsten Farben aus: der Prenzlauer Berg ist ein hedonistischer Hort für Lebenskünstler, Exzentriker und Kreative, die nachts ausgiebig das Leben und die Liebe feiern.

„Sind wir nicht alle ein bisschen Stasi?“
Unterstützt wird Haußmann bei seinem Ostalgietrip von einem spielfreudigen und hochkarätig besetzten Ensemble. Allen voran David Kross als naiver Ludger und Henry Hübchen als dessen zynischer Führungsoffizier. Die guten Schauspieler*innen und die liebevolle Ausstattung können allerdings nicht ausgleichen, dass mit der Story nicht viel los ist.
Abgesehen von einigen Ausflügen ins Groteske mäandert sie in wenig überraschenden Wendungen vor sich hin - bis zur mauen Schlusspointe. Erfreulich, dass über die DDR mittlerweile nicht mehr schwarz-weiß, sondern mit vielen Grautönen erzählt wird, aber dieses augenzwinkernde „Sind wir nicht alle ein bisschen Stasi?“ wirkt auch mit dem Abstand von 30 Jahren unpassend milde.