Kalifornien: Sehnsuchtsort, Traumfabrik, Sun State. Wohl kein anderer Streifen der Erde ist in der modernen Popkultur so positiv belegt und so intensiv besungen worden. Die dreiteilige Arte-Doku „California!“ zeigt aber nicht nur Beachgirls und Filmstars. Die Region hat auch in Kultur und Politik immer wieder den Puls der Zeit weltweit bestimmt.
Besondere Aufnahmen aus dem Herzen der Raketenforschung
Die Arte-Dokumentation beginnt nicht am Strand, sondern in ganz anderen Sphären: beim Blick ins Weltall. In Pasadena im Norden Kaliforniens befindet sich das Jet Propulsion Laboratory, im Grunde das Zentrum für Raketenforschung. Die Wiege der Mondmission von apollo11.
Dass in den Räumen des JPL gedreht werden durfte, ist nicht selbstverständlich – überhaupt zeigt die Doku neben originell ausgewähltem Archivmaterial fantastische Bilder, vor allem Landschafts- und Städteaufnahmen.

Ein Labor gesellschaftlicher Entwicklungen
Was die NASA angeht, so hätte man die Rolle von Wernher von Braun differenzierter darstellen können, der nicht nur den Antrieb für die US-Mondrakete entwickelt hat, sondern vor Kriegsende auf deutscher Seite Hitlers Raketeningenieur Nummer eins war.
Ansonsten scheint Kalifornien aber tatsächlich von den 50ern bis zu den 90er Jahren und bis ins digitale Zeitalter ein Labor gesellschaftlicher Entwicklungen: Die Black Panther Party, Studentenunruhen, von den Hippies bis zum Homebrew Computer Club in Menlo Park, dessen Garagen legendär wurden, nicht zuletzt wegen eines gewissen Steve Jobs.

Ein Ort der Visionäre
Es sind großartige, teilweise betagte aber sehr lebendige und authentische Protagonisten, die das Filmteam gefunden hat. Weil sie aus erster Hand erzählen und doch ziemlich wenige der Klischees bedienen, die man sonst so mit Kalifornien verbindet. Oder weil sie einfach für ein bedeutendes Kapitel der Kulturgeschichte stehen, wie der Schlagzeuger der Band The Doors, John Densmore oder der deutsche Filmemacher Roland Emmerich.
Kalifornien als Ort der Visionäre, der Utopie: Das ist der rote Faden, der diese abwechslungsreiche dreiteilige Doku durchzieht. Und als ein Ort der Überraschungen: die Materialentwicklung beim Surfbrett zum Beispiel geht auf das Hobby der Luft und Raumfahrttechniker vor Ort zurück, die selbst ganz gern auf den lange Zeit viel zu schweren Brettern standen. Das war vielleicht nicht jedem klar.

Keine politische Reportage, sondern eine Hommage
Es ist nicht alles eitel Sonnenschein. Der Klimawandel bestimmt seit vielen jähren das Leben und die Politik im Sun State. Das nimmt vielleicht etwas zu wenig Raum ein. Dass mittlerweile viele Familien dem Staat den Rücken kehren, weil die Mieten zu hoch oder das Klima zu krass wurde, ist Co-Regisseur Thomas Rigler durchaus bewusst.
Er hat selbst 25 Jahre in Kalifornien gelebt. Seine Absicht und die des Regie-Kollegen Lukas Hoffmann war aber keine politische Reportage, sondern eine Hommage an den Gründer-Geist und den positiven Glauben. Trotz Ölpest, Erdbeben und Waldbränden haben sie Kalifornien immer wieder zu einem Ort der Zukunft gemacht.
