Stille als filmisches Leitmotiv
Die Stille zieht sich wie ein Leitmotiv durch die 17 „Homemade“-Kurzfilme, von denen keiner länger dauert als 10 Minuten. Die meisten von ihnen sind ruhig erzählt und erkunden die seltsame Einsamkeitserfahrung des Shutdowns, wenn die Zeit still zu stehen scheint und die Außenwelt samt Freund*innen, Bekannten und Kolleg*innen verschwindet.
So leistet sich Sebastian Schipper, der einzige Deutsche unter den Regisseuren, in der Quarantäne eben selbst Gesellschaft. Im Verlauf seines Kurzfilms kommen gleich zwei Alter Egos dazu, die es sich auf seiner Couch beim Zocken gemütlich machen, mit ihm Karten spielen und abends zusammen schweigsam Nudeln mampfen.

Kinder als Hauptdarsteller*innen
Wenn sie die Hauptrolle nicht selbst übernehmen, besetzen sie viele der Filmemacher*innen mit ihren Kindern. Und anders als die Erwachsenen gehen diese durchgängig souverän mit der Quarantäne-Situation um: improvisieren wilde Geschichten über Einhörner, kreieren aus der Langeweile Spiele und Abenteuer.
Privilegierte Corona-Erfahrungen
Da es sich um persönliche Alltagseinblicke handelt, zeigen die Beiträge zu „Homemade“ mit wenigen Ausnahmen ziemlich privilegierte Corona-Erfahrungen. Die filmischen Formen sind allerdings erfreulich unterschiedlich und die Beschränkung von Mitarbeiter*innen und technischem Equipment befördert die Kreativität der Filmemacher*innen.
Romanze mit Deko-Figuren
„Homemade“-Produzent Pablo Larrain gestaltet seinen Film als Skype-Dialog. Der Franzose Ladj Ly dokumentiert den Lockdown in der Pariser Banlieue mithilfe der Drohne, die schon in seinem Erfolgsdrama „Les Misérables“ eine zentrale Rolle spielte. Rungano Nyoni erzählt ihre Geschichtete über abgefilmte Chatnachrichten und Handyvideos. So rekonstruiert sie amüsant die Story eines Paars, das sich im Lockdown trennt, aber in der gemeinsamen Mini-Wohnung ausharren muss. Der schrägste Beitrag kommt von „The Young Pope“-Macher Paolo Sorrentino. Mithilfe von Deko-Figuren spielt er eine Romanze zwischen dem Papst und der Queen nach, in einer Nebenrolle als Bote „The Big Lebowski“.
Handzahme Kurzfilme
So unterhaltsam die Filme sind, so ist es doch überraschend, wie handzahm die meisten Regisseure an das Thema herangehen. Nur einer will sich nicht darauf beschränken, das eigene Leben im Lockdown zu reflektieren. Der Chilene Sebastian Lelio denkt in gesellschaftskritischen Kategorien, die über die aktuelle Situation hinausweisen: In einer Art Mini-Musical ruft er zu radikaler Veränderung auf. „Wir schulden den Toten eine komplette Neuerfindung“, singt seine Protagonistin. Wie die aussehen könnte, wäre sicher ein interessantes Thema für eine zweite Kurzfilm-Sammlung.