Schlagkräftiger Problemlöser
Wenn die Kohle stimmt, schluckt Tony Lip seinen Rassismus mit einem Haps herunter. Der Italo-Amerikaner mit dem prolligen Charme ist Türsteher in einem New Yoker Edelclub.
Sein Ruf als schlagkräftiger Problemlöser bringt ihm 1962 einen äußerst lukrativen Auftrag ein. Der schwarze Star-Pianist Don Shirley sucht für seine Konzert-Tournee durch die Südstaaten einen Fahrer, aber vor allem einen Beschützer.
Schwarze nur als gefeierte Musiker willkommen
Wie sich zeigen wird, aus gutem Grund, denn die Diskriminierung ist im Süden bis 1964 gesetzlich verankert und damit allgegenwärtig. Egal ob Shirley es mit Kellnern, Polizisten oder Fans zu tun hat.
So lange er Klavier spielt, ist er das gefeierte Musikgenie. Nach seinem Auftritt darf er nicht einmal die Toilette seines eben noch so herzlichen Gastgebers benutzen.
Die Geschichte einer besonderen Freundschaft Fimkritik: "Green Book" von Peter Farrelly

Weiße Identifikationsfigur erzeugt Interesse für schwarze Geschichte
Der Zuschauer erlebt die mannigfachen Demütigungen Shirleys durch die Augen des weißen Fahrers, der dadurch seine eigenen Vorurteile überwindet.
Es ist ein gern genutzter Kunstgriff in Hollywood, über eine weiße Identifikationsfigur Interesse für eine schwarze Geschichte zu erzeugen. In Fall von "Green Book" ergibt dieses Stilmittel aber schon allein deswegen Sinn, weil es sich um eine wahre Geschichte handelt.

Roadtrip zweier ungleicher Männer
Der Sohn Tony Lips, Nick Vallelonga, hat sie zu einem Drehbuch verarbeitet. Er konzentriert sich darin auf die unterschiedlichen Welten der beiden Männer, deren Schnittmenge anfangs gleich Null ist. Doch der Roadtrip bringt sie einander näher, durch Gespräche, die Musik und eine Verhaftung.
Komödie über Rassismus
Eine Komödie über Rassismus, das klingt wie ein schlechter Scherz. Zumal sie nicht in Form einer bissigen Satire daherkommt sondern als warmherziger Feel Good-Film. Und doch gelingt Regisseur Peter Farrelly das Kunststück.

Kein wirklich subtiler Film
Ein Großteil der Komik ergibt sich aus der Umkehrung der Standardsituation: schwarzer Diener – weißer Herr. Hier ist der Schwarze der Chef: ein durch und durch kultivierter Mann von Welt, der Weiße ein Prolet, der weder über Geld, noch über Bildung oder Umgangsformen verfügt.
Überzeugende Hauptdarsteller Viggo Mortensen und Mahershala Ali
"Green Book" lebt vom Zusammenspiel seiner überzeugenden Hauptdarsteller: Viggo Mortensen als hemdsärmeliger Tony Lipp und Mahershala Ali als vornehmer Don Shirley.
Es macht Spaß zu beobachten, wie sich die beiden anfangs verständnislos gegenüberstehen, bevor sie sich mehr und mehr aufeinander einlassen. Denn natürlich ist Tony nicht ganz so dumpf wie es anfangs scheint, und hinter der distinguierten Maske Shirleys verbirgt sich ein zutiefst einsamer Mensch: zu schwarz für die Weißen, zu weiß für die Schwarzen.
Vorhersehbares Happy End
Die Art, wie der Film Zugehörigkeit, Identität und Rassismus verhandelt, ist immer an ein breites Publikum gewandt. Vieles wird ausbuchstabiert, wenig bleibt ambivalent, am Schluss steht ein vorhersehbares Happy End.
Ein Märchen aus lang vergangenen Tagen ist "Green Book" aber nicht. Wenn man sieht, wie tief zerstritten die US-Gesellschaft heute ist, bräuchte es noch mehr solcher Geschichten wie der von Tony Lipp und Don Shirley. Und möglichst viele Leute, die sie sich anschauen und beginnen, miteinander zu reden.