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„Eine Revolution - Aufstand der Gelbwesten": Kinodoku von Emmanuel Gras

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AUTOR/IN
Simone Reber

Sie schien aus dem Nichts zu kommen – die Gelbwesten-Bewegung in Frankreich. Erstmals trat sie am 17. November 2018 an die Öffentlichkeit mit einer großen Demonstration gegen die geplante Steuererhöhung für Benzin und Diesel. Dann radikalisierten sich die „Gilets Jaunes“, wie sie in Frankreich hießen, zunehmend und verschwanden ein Jahr später wieder von der Bildfläche. Wer waren die Gelbwesten, was war ihre Motivation?

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Aufstand der Unsichtbaren

Diese Bilder sieht man selten im französischen Kino. Die Kamera fährt durch die gesichtslosen Vororte von Chartres. An ihren Rändern ist die Stadt mit der berühmten Kathedrale kaum zu erkennen. Anonyme Hochhäuser, marode Arbeitersiedlungen, Mehrfamilien-Neubauten. Auf den kargen Grünflächen kein Mensch. Die Gelbwesten – das war der Aufstand der Unsichtbaren lernt man in dem spannenden Film von Emmanuel Gras.

Hochfliegende Hoffnungen scheitern nach einem Jahr

Sechs Monate hat der Regisseur mit seiner Kamera die „Gilets Jaunes“ von Chartres begleitet. In einer ihrer ersten Aktionen legen die Gelbwesten die Péage, die Mautstation lahm. Sie verschließen die Münzautomaten mit Klebeband und montieren die Schranken ab, damit die Autobahn kostenlos genutzt werden kann.

Emmanuel Gras zeigt die hochfliegenden Hoffnungen, die den Protest anfangs begleiten. Über die sozialen Medien organisieren die Aktivisten aus Chatres eine der ersten Demonstrationen in Paris. Nur in der Hauptstadt, glauben sie, werden ihre Forderungen gehört.

Bürgerreferendum soll zu viele unterschiedliche Interessen bündeln

Während bei den Demonstrationen in Paris die Gewalt eskaliert, organisieren die Gelbwesten in Chartres eine Versammlung, um das Bürgerreferendum als politisches Mittel zu installieren. Spätestens jetzt wird klar, dass die Ziele der Einzelnen zu unterschiedlich sind, um sie politisch durchsetzen zu können.

In seinem nachdenklichen Film zeigt Emmanuel Gras auch das Scheitern der Bewegung. Die Koordinatoren werden im Internet beschimpft. Am Ende der Doku ist der Kreisverkehr in Chatres, wo alles begann wieder leer, nur ein paar schwarze Brandflecken erinnern an die Versammlungsfeuer. Ohne ihre gelben Westen sind sie wieder unsichtbar.

Trailer „Eine Revolution - Aufstand der Gelbwesten", ab 12.1. im Kino

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