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„Eine deutsche Partei“ – Kino-Doku über die AfD ist ein gescheitertes Experiment

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AUTOR/IN
Rüdiger Suchsland

„Eine deutsche Partei“ ist eine Langzeit-Dokumentation über die AfD – sie verspricht Innenansichten und die Selbstentlarvung dieser Partei. Aber geht dieses Konzept auf? Kann es überhaupt aufgehen? Und welche Position ist hier für einen Filmemacher jenseits politischer Propaganda möglich?

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Zwischen 2019 und 2021 erhielt der Dokumentarfilmregisseur Simon Brückner privilegierten Zugang zu Treffen verschiedener Parteiebenen der rechtsextremen AfD, darunter auch zu nichtöffentlichen Sitzungen. Das Ergebnis ist sein Film „Eine deutsche Partei", der jetzt in die Kinos kommt.

Filmstill (Foto: ©Spicefilm)
Regisseur Simon Brückner kam seinen Protagonist*innen über die Jahre der Dreharbeiten so nah, wie es Journalisten in der alltäglichen Berichterstattung nicht möglich ist. Der Film entstand aus über 500 Stunden Rohmaterial und arbeitet komplett ohne Interviews oder Kommentare, sondern überlässt die Einordnung dem Publikum selbst.

Politische Aufmerksamkeitsjunkies

Dem Regisseur gelingt es, bestimmte Schwächen, auch Kleinkariertheit, Spießigkeit und Karrierismus in einer Partei aufzuzeigen, die ständig zwischen den rechtsradikalen, völkischen und nationalrevolutionären Positionen einerseits und sogenannten "bürgerlichen" Werten und selbstdefinierter "Normalität" schwankt.

Es mag auf den ersten Blick überraschen, dass sich die AfD auf die Langzeitbeobachtung eines Regisseurs, der nicht ihrem Sympathisantenkreis entstammt, einlässt.

Dass sie ihm gestattet, nicht-öffentliche Sitzungen, Treffen und Gespräche mitzuschneiden und in einen Film einzubauen. Wer sich aber bewusst macht, wie stark diese Partei auf Öffentlichkeit, Medienpräsenz und öffentliche Zuspitzung angewiesen ist, dem wird klar, dass so ein Film auch Kalkül dieser politischen Aufmerksamkeitsjunkies ist.

Filmstill (Foto: ©Spicefilm)
Andreas Wild, AfD, war 2016 - 2021 Mitglied des Berliner Abgeordnetenhauses, seit 2017 ist er aus der Fraktion ausgeschlossen.

Nutzt dieser Film der AfD?

Es bleibt die Frage, ob sich der Regisseur von den Rechtsradikalen instrumentalisieren lässt? Ohne Not gibt so einen Film der AfD in jedem Fall die Möglichkeit, sich als tolerant, offen und kritikfähig zu präsentieren. Dies ist genau das Bild, das die AfD von sich erzeugen möchte.

Weil die AfD aber eben keine normale Partei ist, kann ein Dokumentarfilm über sie auch kein normaler Dokumentarfilm über eine x-beliebige Partei sein. Nutzt nicht dieser Film allein schon durch sein Vorhandensein der AfD?

Filmstill (Foto: ©Spicefilm)
Aaron Kimmig, Mitglied der Jungen Alternative, am13.08.21, bei einer Anti-Corona-Demonstration in Berlin.

Ein gescheitertes filmisches Experiment

Natürlich ist es die Hoffnung der Filmemacher, dass sich die Rechten gewissermaßen im geschützten Raum selbst demaskieren. Doch vieles in diesem Film widerspricht sich. Am Ende gleicht das Gesamtbild dieser deutschen Partei vor allem einem diffusen Brei aus Spießbürgern, der langweilig und unerheblich ist, geschmacklos, aber nicht bedrohlich. In seiner Aussage wie auch der eigenen Position ist auch der Film reichlich diffus. Ein gescheitertes Experiment.

Der Trailer zu „Eine deutsche Partei“:

Gespräch Kreativ gegen Rechts – Frauke Bahle und ihre Graphic Novel “Vogelschiss”

Frauke Bahle wurde für ein politisches Herzensprojekt zur Comicautorin. Zusammen mit vier Gleichgesinnten realisierte sie eine Graphic Novel, die Hassrede und Gewalt kritisiert.

SWR2 Tandem SWR2

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Rüdiger Suchsland