Gesellschaftskritik vermutet man eher nicht im heiteren Film, aber die neue Reihe des Bundesarchivs „Ein kleines bisschen Glück. Heitere Filme zur deutschen Zeitgeschichte“ zeigt: Die deutsche Komödie hatte durchaus Problembewusstsein. Die sechs ausgewählten Filme aus den Jahren 1932 bis 2011 sind Spiegel für die Krisen ihrer Zeit.
Dass keiner der ausgewählten Filme aus der Zeit des Nationalsozialismus stamme, sei dem Umstand geschuldet, dass man versucht habe, eine „gewisse unbelastete Heiterkeit darzustellen“, so Elke Hammer, Referatsleiterin im Bundesarchiv und Organisatorin der Filmreihe bei SWR2. Denn: „Natürlich dienen alle Filme zwischen 1933 und 1945, selbst wenn es reine Unterhaltungsfilme sind, einem gewissen propagandistischen Zweck.“
„Ein blonder Traum“ als Kontrapunkt zum Nationalsozialismus
Beginnen wird die Filmreihe am 10. Januar 2023 mit dem Musikfilm „Ein blonder Traum“ aus dem Jahr 1932. Mit dieser Auswahl will das Bundesarchiv laut Hammer auch einen „Kontrapunkt“ zur NS-Zeit setzen:
„Wir zeigen diesen Film auch bewusst als Kontrapunkt zum Nationalsozialismus, denn viele der Filmschaffenden dieses Films – der Produzent Erich Pommer, die beiden Drehbuchautoren Walter Reisch und Billie Wilder als auch der Komponist des Films, Werner Richard Heymann – waren jüdischer Abstammung und mussten nach 1933 Deutschland verlassen.“
6.10.1975 ARD zeigt unzensierte "Casablanca"-Version – mit Nazis
6.10.1975 | Der Filmklassiker "Casablanca" entstand 1942 – eine Romanze vor dem Hintergrund der Ereignisse im Zweiten Weltkrieg. Humphrey Bogart rettet seine ehemalige Geliebte und deren Mann in Marokko vor den Nazis.
10 Jahre später, im August 1952, kommt der Film in die deutschen Kinos – allerdings völlig entstellt. Nazis kamen darin nicht vor. Alle Bezüge zum Zweiten Weltkrieg wurden herausgeschnitten oder durch die Synchronisation unkenntlich gemacht.
Viele Schlüsselszenen wie die, in der die Besucher von "Rick's Café" die Deutschen Soldaten mit der Marseillaise übertönen, fehlen. Aus dem tschechoslowakischen Widerstandskämpfer Victor Laszlo wurde der norwegische Atomphysiker Victor Larsen, der eine neue Strahlenart entdeckt hat.
Geblieben ist ein belangloser, unpolitischer, inhaltlicher wirrer und um eine knappe halbe Stunde gekürzter Liebesfilm. Obwohl Krieg und Nazi-Diktatur schon sieben Jahre zurücklagen, war die Zeit noch nicht reif für einen Film, in dem die Deutschen nicht gut wegkommen.
Erst 1975 entstand eine völlig neue Fassung – in der Originallänge, die auch in der Deutschen Synchronisation die Originalgeschichte erzählt.
Premiere hatte diese neue Fassung am 5. Oktober 1975 in der ARD. Die Aufmerksamkeit war groß – erst danach wurde der Film auch in Deutschen zum Klassiker.
Hier die Besprechung damals im Südwestfunk von Anne Quirin.
18.1.1979 Anschlag auf SWF, um „Holocaust“-Ausstrahlung zu verhindern
Am 18.1.1979 detonierte ein Sprengsatz am Sender Koblenz des Südwestfunks – an jenem Abend, als die erste Folge von „Holocaust“ im Fernsehen lief. Ähnliches passierte beim WDR in Münster. Der Verdacht fiel schnell auf Neonazis, die schon zuvor in Publikationen dazu aufgerufen hatten, die Ausstrahlung der Serie zu verhindern.
Der Verdacht bestätigte sich: Ein Nazi aus Wiesbaden wurde schließlich als Täter ermittelt und zu mehr als vier Jahren Haft verurteilt.