Die Arte-Doku „Propagandaschlacht um die Ukraine“ zeigt, wie unterschiedlich die Ukraine und Russland die elektronischen Medien für ihre Kriegspropaganda nutzen. Präsident Selenskyj sei ein Meister in der Nutzung sozialer Medien, so Co-Regisseur Kristian Kähler in SWR2, vor allem TikTok sei hier sehr wichtig. Russland dagegen setze für seine Mobilisierung nach innen aufs Fernsehen und nutze das Internet, um die Welt mit Propagandalügen zu überfluten.
Nutzung der Medien spiegelt die Staatsform
„Wir haben eine Regierung in der Ukraine, die alle als Influencer auf die Welt gekommen sind“, so Kähler weiter. Ganz anders in Russland: „Für die Propaganda bis in die Tiefe des Russischen Reiches hat das Fernsehen gut funktioniert“.
In der Nutzung der Medien spiegele sich die Staatsform, meint Kähler: „Was wir in der Ukraine sehen, ist eine sehr demokratische Nutzung des Internets“. In Russland setze sich dagegen eine Linie fort, die seit 2012 und der Rückeroberung der Krim 2014 zu beobachten sei: zynisches Lügen.
Zynischer Gebrauch von Desinformation in Russland
„Man ist sich nicht zu schade, auch die schlimmsten Lügen zu verbreiten. Das ist ein zynischer Gebrauch von Desinformation“, urteilt der Filmemacher. Die Nutzung der elektronischen Medien durch die Ukraine verfolgt aus Sicht der Doku zwei Ziele: Nach innen zu mobilisieren und nach außen zu kommunizieren: „Wir brauchen Waffen“.
Der Vergleich der Kommunikation fällt für Kähler eindeutig aus: „Die russische Propaganda ist Desinformation; die ukrainische Propaganda ist im schlechtesten Fall Marketing.“ Klar sei, dass die Ukraine dabei als Gewinner hervortritt.
Bevölkerung der Ukraine nutzt Social Media auch zur Traumabewältigung
Dass auch die Bevölkerung der Ukraine in den sozialen Medien aktiver ist als die Russlands, erklärt sich Kristian Kähler mit psychologischen Faktoren: „Wenn eine Modebloggerin plötzlich auf sarkastische Weise berichtet über das, was ein Putin den Menschen in der Ukraine angetan hat, dann ist das auch Traumaewältigung.“ Man dürfe nicht vergessen, dass die Ukraine als Land ein unglaubliches Trauma durchlebe.
Kristian Kähler arbeitet als Autor und Geschäftsführer von „Berlin Producers“. Er war als Regisseur an mehr als 200 Dokumentarfilmen beteiligt. Bei „Propagandaschlacht um die Ukraine“ war er Co-Regisseur von Saskia Geisler.
Ausschnitt: „Propagandaschlacht um die Ukraine“ in der ARTE-Mediathek
Mehr Filme zur Ukraine und zu Russland
Film „Das Hamlet-Syndrom“: Wie junge Ukrainer*innen mit dem Krieg umgehen
„Wir zeigen die Last von fünf persönlichen Kriegs-Geschichten“, sagt Regisseurin Elwira Niewiera im Gespräch mit SWR2, „aber es ist die Last von Millionen Menschen“. „Das Hamlet-Syndrom“ heißt der Dokumentarfilm, den sie mit Piotr Rosołowski gedreht hat. Darin begleiten sie die Probe eines dokumentarischen Theaterstücks, in dem fünf junge Ukrainer*innen ihre traumatischen Erlebnisse aufarbeiten, erzählt wird zum Beispiel der Fall von Katja, deren Mutter zufällig erfährt, dass ihre Tochter an der Front kämpft.
Der Titel des Films „Das Hamlet-Syndrom“ steht symbolhaft für die Kriegserfahrung ihrer Protagonist*innen, erklärt Niewiera, denn ähnlich wie Shakespeares Held werden sie „in einen Machtkampf hineingezogen.“ Hamlet merke, dass die Weltordnung, in der er lebt, auf Lügen und Verbrechen aufgebaut sei. „Diese Erfahrung haben auch junge Menschen in der Ukraine gemacht“.
Der Film wurde vor dem 24. Februar 2022 gedreht und behandelt die Erfahrungen der "Generation Maidan" in der Ost-Ukraine nach 2014. Jetzt kommt er in den deutschen Kinos.
Film „Petrov's Flu – Petrow hat Fieber“ von Kirill Serebrennikov: Dauergrippe als Metapher
Der russische Regisseur Kirill Serebrennikov, politischer Dissident und Kriegskritiker, hat einen russischen Bestseller verfilmt: „Petrow's Flu" nach dem gleichnamigen Roman von Alexei Salnikov erzählt von Russland und zeigt ein hartes Bild der russischen Gesellschaft der 90er Jahre, das unverhohlen auch auf die Gegenwart zielt.
Gespräch ARD-Doku „Putins Krieg – Ist das noch mein Russland?“: Russlanddeutsche zwischen Putin-Liebe und Hilfe für die Ukraine
„Rabiat: Putins Krieg – Ist das noch mein Russland?“ heißt die SWR-Dokumentation der deutsch-russischen Journalistin Natalia Konyashina, in der sie verschiedene Menschen trifft, die in Deutschland leben und einen russischen Hintergrund haben. Ab 6. Dezember ist die Doku in der ARD-Mediathek zu sehen.
Film Kein Kriegsheldentum in der Kinodoku „Mariupolis 2“ von Mantas Kvedaravičius
Der Dokumentarfilm „Mariupolis 2“ ist das Vermächtnis des litauischen Regisseurs Mantas Kvedaravičius. Er wurde während der Dreharbeiten in Mariupol, der Stadt, die zum Symbol des Vernichtungskriegs in der Ukraine geworden ist, vermutlich von der russischen Armee ermordet.