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Die Serie „ZERV“ in der ARD Mediathek: Missverständnisse und Vorurteile in einem wiedervereinten Land

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Karsten Umlauf

Die Wendejahre wurden bereits in vielen Filmen und Serien erzählt. Aber wer kennt schon die ZERV? Die Zentrale Ermittlungsstelle für Regierungs- und Vereinigungs- Kriminalität war in den 1990er Jahren nichts weniger als die größte Sonderkommission der Bundesrepublik. Um deren Anfänge dreht sich nun eine neue Serie mit Fabian Hinrichs und Nadja Uhl.

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Infrastruktur für die ZERV

Ermittler Peter Simon ist neu in Berlin – ein Fachmann für Wirtschaftskriminalität mit geringfügigen Vorurteilen. Simon kommt aus Bremen und soll für die ZERV ermitteln, muss sich aber erstmal von funktionierenden Klos bis zu Telefonen eine Infrastruktur organisieren. Auch die Kollegen von der Kripo Ostberlin werden auf die Zusammenarbeit mit der neuen Soko vorbereitet.

Arroganter Wessiarsch trifft herzliche Ostpolente

Der Mord an einem Zeugen, der eigentlich gerade bei der ZERV aussagen wollte, führt Peter Simon mit der Kollegin Karo Schubert zusammen. Alles klar: Arroganter Wessiarsch trifft herzliche Ostpolente, könnte man denken. Aber glücklicherweise bröseln die Klischees ziemlich schnell. Weil die beiden natürlich trotzdem gezwungen sind, zusammen zu arbeiten.

Nadja Uhl und Fabian Hinrichs bilden ein tolles, vielschichtiges Ermittlerduo, bei dem Karo Schubert die warmherzig-berlinernde Sympathietägerin ist. Peter Simon wirkt immer etwas zu steif, verbissen, aber eben auch merklich in sich gefangen. Bei dem Plot geht es quasi nebenbei um die Drangsalierungen der DDR, um Geschäftemacherei mit der alten Nomenklatura und um das daraus resultierende fehlende Vertrauen in den Staat.

Filmstill (Foto: ARD/W&B Television GmbH)
Es geht unter anderem um eine Halle voller Waffen aus früherem NVA-Bestand, die schon längst hätten verschrottet sein müssen und die die Bundeswehr allzu gerne schnell konfiszieren würde.

Richtig gut erzählte Serie mit fantastische Darsteller*innen

Die Serie lebt aber auch durch ein fantastische Schauspieler*innen mit Fritzi Haberlandt als gewiefter Gerichtsmedizinerin oder Thorsten Merten als pseudosozialem Waffenschieber. Regisseur Dustin Loose hat der Serie nicht nur durch den souveränen Umgang mit der Musik eine eigene Handschrift verpasst. Er hat in der teilweise dramatischen 1990er Jahre Vereinigungs-Geschichte auch viel Raum für Selbstironie und teilweise absurder Komik gelassen.

Gleichzeitig bleibt er doch immer ernsthaft an den Figuren und den Lebenserfahrungen interessiert, die dahinter stecken: die Lebenslügen, die Suche nach Freundschaft. Oder nach einer Freiheit, die das Neue und Andere nicht einfach nur als „neuen Markt“ entdeckt, auch nicht als Bedrohung. Sondern in erster Linie als herausfordernde Bereicherung.

„ZERV- Zeit der Abrechnung“ in der ARD Mediathek

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Karsten Umlauf