Cioma Schönhaus war ein junger jüdischer Grafiker, der die NS-Zeit mitten in Berlin überlebte. Er fälschte Pässe für sich und andere Verfolgte. Nun hat die preisgekrönte Regisseurin Maggie Peren das abenteuerliche Schicksal von Schönhaus verfilmt. In „Der Passfälscher“ spielt Ciomas Enkel Joscha Schönhaus einen Kollegen seines Großvaters.
Wenn Louis Hofmann den eigenen Großvater spielt
Der Stuttgarter Schauspieler Joscha Schönhaus ist es von Berufs wegen eigentlich gewohnt, mit Dramen umzugehen. Doch neulich bekam seine professionelle Distanz deutliche Risse, als er in einer Filmproduktion eine scheinbar belanglose Nebenrolle zu spielen hatte: Als einer von zwei jungen Arbeitern steht Schönhaus an einer Werkbank. Gerade einmal drei Sätze spricht er im Film.
Und doch hatte Joscha Schönhaus bei diesem Dreh nicht die Ruhe weg. Denn sein Gegenüber Louis Hofmann spielt in dem Film „Der Passfälscher“ den Großvater von Joscha, Cioma Schönhaus – während der NS-Zeit ein junger Bursche aus gutem jüdischen Hause, der illegal mitten in Berlin lebte.
„Dann stehe ich plötzlich in diesem Set, und Louis spielt meinen Großvater. Und ich steh da drin und es ist einen kurzen Moment total absurd, weil da plötzlich mein Beruf mit was ganz Privatem verschmilzt.“

Tödliche Gefahr durch das Fälschen von Ausweisdokumenten
Die reale Geschichte von Cioma Schönhaus ist unvorstellbar dramatisch. Zwar hat er überlebt, dank geschickt gefälschter Pässe, sehr viel Mumm, und noch viel mehr Glück – was der Film auch gebührend feiert. Doch hinter all der kessen Gewandtheit lauerte tödliche Gefahr.
Auch im wirklichen Leben ließ sich Cioma Schönhaus das Überleben nicht verdrießen . Er war jung, clever und schneidig. Einmal verkaufte er den Hausrat seiner ausgebombten Quartiergeber und strich den Gewinn ein. Ein anderes Male besuchte er in der Uniform eines Marine-Offiziers das Grand Hotel Esplanade, eine der nobelsten Adressen von Berlin – Ausweiskontrollen, so hoffte er, waren dort unwahrscheinlich. Ciomas Enkel Joscha kann diese tolldreisten Streiche bis heute kaum fassen:
„Egal, wie nah du dran bist: Das ist immer bis zu einem gewissen Punkt abstrakt, weil es so unglaublich ist.“

Cioma Schönhaus arbeitete selbst an einem Drehbuch
Völlig sicher ist sich Joscha Schönhaus darüber, dass sein Großvater Cioma, der 2015 verstorben ist, diesen Film über sein Leben wollte.
„Am Anfang des Prozesses als der Film entstanden ist, hat er auch die Storyboards gemacht. Er hat die ganzen Sachen gezeichnet. Also es gibt auch ein Buch von ihm, seine eigene Drehbuchfassung, die ein bisschen wie ein Comic ist.“
Cioma Schönhaus hat fast seine ganze Familie im Holocaust verloren. Er war auch der einzige Überlebende des Passfälscher-Zirkels und hat sein Leben lang darüber gesprochen, was Judenhass bedeutet.

Weiter darüber sprechen, was passiert ist
Jetzt spricht Joscha über seinen Großvater. Im Rahmen der Filmtournee geht der Schauspieler in Schulklassen und auf Bühnen – angesichts anschwellender nationalistischer Strömungen in ganz Europa und rechter Gewalttaten und Morde in den letzten Jahren.
„Es macht es umso wichtiger, dass wir diese Geschichte erzählen, dass wir nicht aufhören, diese Geschichten zu erzählen. Dass wir ein Zeichen dagegen setzen.“
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Trailer zum Film „Der Passfälscher“, ab 13.10.22 im Kino:
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