Liebevoll gestaltete Serie vor spektakulär schöner Natur-Kulisse
Die Serie „Der Doktor und das liebe Vieh“ hat zwei Hauptdarsteller, die in keiner Besetzungsliste vorkommen: einmal die Yorkshire-Dales, das dünn besiedelte Gebiet im Norden Englands, dem die Serie ihre Fahrten durch fast surreal grüne Täler und Hügellandschaften verdankt. Und dann die Mode: zum Beispiel die zumindest für Tierärzte eigentlich viel zu elegant wirkenden Tweet-Anzüge mit hohen Lederstiefeln.
Die Hauptfigur, Assistenzveterinär James Herriott, trägt anfangs allerdings noch unpassend graues Flanell und flache Lederschuhe, Farmerin Helen hingegen punktet in waldgrüner Cordhose. Aus diesem ersten Treffen wird der Beginn einer wunderbaren Romanze.

Aufgefrischt und trotzdem originalgetreu
Kein Wunder, dass viele Zuschauerinnen und Zuschauer in Großbritannien bei der Neuauflage der Erfolgsserie „Der Doktor und das liebe Vieh“ aus den 1970er und 1980er Jahre sofort auf die Kostüme geflogen sind: Die den 1930er Jahren abgeschauten Kleidungsstücke in Rot-, Braun- und Grüntönen transportieren Bodenständigkeit und Eleganz, ein Statement von schwerem Stoff und Handmade Quality.

Zusammen mit den Autos von MG mit ihren hohen Kotflügeln stehen sie für ein England, dem ein „Make Britain great again“ ziemlich am Auspuff vorbei gehen dürfte. Die launigen, nicht allzu anspruchsvollen Stories lassen einen Brexit, Pandemie und überhaupt das ganze anstrengende Leben da draußen schnell vergessen.
Echte Erlebnisse eines Tierarztes als Grundlage
James Herriott ist das Pseudonym des Autors und Tierarztes Alf Wight. Erlebnisse aus der eigenen Praxis speisen seine Geschichten. Seit ihrem Erscheinen 1970 waren die Bücher in England Bestseller und sind durch die BBC-Serie weltberühmt geworden. In der Gegend gibt es mittlerweile auch einen James Herriott-Wanderweg zu den Drehorten der Serie.
Auch in der Neufassung heuert James, ein gebürtiger Schotte aus Glasgow, bei dem launischen Veterinär Siegfried Farnon an. Und er lernt mit ihm nicht nur, Kälbchen auf die Welt zu bringen oder Pferdehufe zu untersuchen, sondern sich selbst zu behaupten in dem kleinen Kosmos von Yorkshire und seinen harmlos bis skurrilen Bewohnerinnen und Bewohnern.

Mischung aus heimeligem Gemeinschaftsgefühl mit Cottage-Fetisch
„Der Doktor und das liebe Vieh“ ist eine Nostalgieserie – und dennoch mehr als bloße Rosamunde Pilcher-Unterhaltung. Nicht nur wegen der hübschen Kleidung: Yorkshire ist eine Art Retro-Fantasie des Gemeinwesens, mit Familie, Freundschaft und Nachbarschaftshilfe als Leitwährungen.
Das ist natürlich arg rosarot oder – wenn man so will – auch wiesengrün überzeichnet. Aber in der Pandemiezeit, in der viele im Grunde jede Art von Gemeinschaft vermissen, trifft die Serie tatsächlich einen Nerv. Es ist der Einheit von Landschaft und Leuten zu verdanken und dem britischen Understatement , dass das überwiegend sympathisch und nicht reaktionär rüberkommt.