Gespräch

Clint Eastwood - ein glorreicher Halunke wird 90

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INTERVIEW
Kathrin Hondl

Clint Eastwood ist Schauspieler, Regisseur, Komponist, Produzent, Filmkomponist und Politiker, aber vor allem eine unverwüstliche Kultfigur und Hollywoodlegende. Die Professorin Elisabeth Bronfen spricht über einen uramerikanischen Mann und die Kehrseite des American Dream.

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„Er ist vor allem eine männliche Ikone. Er steht für eine ganz bestimmte Art von amerikanischer Männlichkeit, das, was man im Englischen ‚rugged individualism‘ nennt.“ Sagt Elisabeth Bronfen. Er sei stark von seinen individuellen Begehren, aber auch von seinem Wertesystem geprägt.

Das zeige sich in seinen Filmfiguren: Er sei mal der antiheldartige Polizist in den "Dirty Harry"-Filmen aus den 70er und 80er Jahren, aber eben auch der sehr eigenwillige Cowboy in den Italo-amerikanischen Western.

Ein neuer Cowboy für den Western der 60er Jahre

Und er passte den Western und sein Cowboybild dem Zeitgefühl in den 60er Jahren an, die von Unruhen und Rassismusfragen geprägt waren. Er gab „diesem Cowboyhelden ein neues Gesicht für diese Zeit und das hängt ihm anschließend auch noch an, obwohl er seitdem auch ganz viele andere Rollen gespielt hat und noch andere Filme gemacht hat.“

Hollywoodlegende Clint Eastwood (Foto: IMAGO, Die meisten Fotos dürfen nur mit Nennung des Filmtitels verwendet werden.)
Clint Eastwood ist Schauspieler, Regisseur, Komponist, Produzent, Filmkomponist und Politiker, aber vor allem eine unverwüstliche Kultfigur. In den 50ern schlug er sich noch mit winzigen Rollen durch, zum Beispiel als Assistent im Film „Die Rache des Ungeheuers“. Bild in Detailansicht öffnen
Hollywoodlegende Clint Eastwood (Foto: IMAGO, Die meisten Fotos dürfen nur mit Nennung des Filmtitels verwendet werden.)
Aber schon 1959 startete seine Karriere als Western- und Actionheld mit einer Nebenrolle in der Fernsehserie „Tausend Meilen Staub“ („Rawhide“), die Cowboys durch die Steppe begleitet. Clint Eastwood spielte bis 1965 in 217 Folgen mit. Bild in Detailansicht öffnen
Hollywoodlegende Clint Eastwood (Foto: IMAGO, Die meisten Fotos dürfen nur mit Nennung des Filmtitels verwendet werden.)
Der große Regisseur Sergio Leone hatte 1964 für den Film „Für eine Hand voll Dollar“ kaum Budget zur Verfügung, deshalb fiel bei der Suche nach einem Hauptdarsteller die Wahl auf den billigen jungen Clint Eastwood. Mit diesem ersten Teil der berühmten Dollar-Trilogie begann die Ära der Italo-Western. Und Eastwood kam endgültig auf die große Leinwand. Bild in Detailansicht öffnen
Hollywoodlegende Clint Eastwood (Foto: IMAGO, Die meisten Fotos dürfen nur mit Nennung des Filmtitels verwendet werden.)
Der dritte Teil der Dollar-Trilogie, „Zwei Glorreiche Halunken“, ist heute unter den Top 10 der besten Filme auf der Internet Movie Database und der Erfolg öffnete Eastwood die Tür nach Hollywood. Seitdem hat es wohl niemand mehr geschafft so cool im Poncho auszusehen. Bild in Detailansicht öffnen
Hollywoodlegende Clint Eastwood (Foto: IMAGO, Die meisten Fotos dürfen nur mit Nennung des Filmtitels verwendet werden.)
Im Westernmusical „Westwärts zieht der Wind“ (1969) spielt Clint Eastwood neben Hollywodstar Lee Marvin sogar einen singenden Goldsucher. Trotzdem ist er eher durch seine wortkargen Rollen bekannt. Bild in Detailansicht öffnen
Hollywoodlegende Clint Eastwood (Foto: IMAGO, Die meisten Fotos dürfen nur mit Nennung des Filmtitels verwendet werden.)
Anfang der 70er kam mit „Dirty Harry“ sein endgültiger Durchbruch. Es folgten weitere Filme mit ihm als Inspektor Harry Callahan unter der Regie von Don Siegel. Hier ausnahmsweise frisch gewaschen und ohne Poncho und Cowboyhut – aber natürlich trotzdem stets bewaffnet. Bild in Detailansicht öffnen
Hollywoodlegende Clint Eastwood (Foto: IMAGO, Die meisten Fotos dürfen nur mit Nennung des Filmtitels verwendet werden.)
Außerdem begann Clint Eastwood in den 70ern als Regisseur zu arbeiten. Zu seinen ersten Filmen zählt „Der Texaner“ (1975), ein Western über den Rachefeldzug eines pechverfolgten Bauern und hier spielt Eastwood, wie in vielen weiteren seiner Regie-Projekte, die Hauptrolle selbst. Bild in Detailansicht öffnen
Hollywoodlegende Clint Eastwood (Foto: IMAGO, Die meisten Fotos dürfen nur mit Nennung des Filmtitels verwendet werden.)
Was hier wie ein Familienidyll aussieht, ist aus dem Thriller „Der Wolf hetzt die Meute“ („Tightrope“) aus dem Jahr 1984, in dem Clint Eastwood einen Serienkiller jagt. Die junge Schauspielerin links ist Alison Eastwood, eines seiner ungefähr acht Kinder. Er ist bekannt dafür, dass er die genaue Anzahl seiner Nachkommenschaft geheim hält. Bild in Detailansicht öffnen
Hollywoodlegende Clint Eastwood (Foto: IMAGO, Die meisten Fotos dürfen nur mit Nennung des Filmtitels verwendet werden.)
Links ist sein Sohn (oder Klon?) Scott Eastwood zu sehen. Daneben Enkelin Graylen Spencer Eastwood, seine Ex-Frau Maggie Johnson, seine Tochter Alison Eastwood mit ihrem Mann Stacy Poitras, sein Sohn Kyle Eastwood und dessen Frau Cynthia Ramirez 2018. Bild in Detailansicht öffnen
Hollywoodlegende Clint Eastwood (Foto: IMAGO, Die meisten Fotos dürfen nur mit Nennung des Filmtitels verwendet werden.)
Mit „Erbarmungslos“ (1992) gewann Clint Eastwood gleich zwei Oscars, unter anderem für den besten Film und die beste Regie. Mit dem Film dekonstruierte er den Mythos des wilden Westens mit seiner klaren Unterscheidung zwischen Gut und Böse. Bild in Detailansicht öffnen
Hollywoodlegende Clint Eastwood (Foto: IMAGO, Die meisten Fotos dürfen nur mit Nennung des Filmtitels verwendet werden.)
Im Liebesdrama „Die Brücken am Fluss“ (1995) mit Meryl Streep zeigt sich Clint Eastwood von seiner romantischen Seite. In seinen späteren Jahren löste sich Eastwood immer wieder von seinem Image als schweigsames Rauhbein. Bild in Detailansicht öffnen
Hollywoodlegende Clint Eastwood (Foto: IMAGO, Die meisten Fotos dürfen nur mit Nennung des Filmtitels verwendet werden.)
Neben romantisch, kann Clint Eastwood auch witzig: Das beweist er mit „Space Cowboys“ (2000) in dem er vier alte Herren – inklusive seiner selbst – ins All schießt. Bild in Detailansicht öffnen
Hollywoodlegende Clint Eastwood (Foto: IMAGO, Die meisten Fotos dürfen nur mit Nennung des Filmtitels verwendet werden.)
Ungebremst in seinem Schaffen, führte der 75jährige Clint Eastwood auch 2005 bei „Million Dollar Baby“ über eine Boxerin Regie, spielte selbst mit und produzierte den Film auch. Er gewann den Oscar für den besten Film und den für die beste Regie. Hilary Swank bekam für ihre Rolle als Boxerin den Oscar als beste Hauptdarstellerin. Bild in Detailansicht öffnen
Clint Eastwood mit Papst Johannes Paul II (Foto: IMAGO, .)
Achso, außerdem ist Clint Eastwood politisch aktiv und war von 1986 bis 1988 Bürgermeister der kalifornischen Kleinstadt Carmel. Dort kam auch Papst Johannes Paul II. während seiner USA-Reise vorbei. Bild in Detailansicht öffnen
Hollywoodlegende Clint Eastwood (Foto: IMAGO, Die meisten Fotos dürfen nur mit Nennung des Filmtitels verwendet werden.)
So sieht es dann aus, wenn ein früherer Westernheld bei einem Treffen der Republikaner (2012) einen politischen Auftritt hat. Bild in Detailansicht öffnen
Hollywoodlegende Clint Eastwood (Foto: IMAGO, Die meisten Fotos dürfen nur mit Nennung des Filmtitels verwendet werden.)
Die einen gehen irgendwann in Rente, die anderen sind Clint Eastwood, der auch mit 90 aus der Filmwelt nicht wegzudenken ist. Er ist bis heute Regisseur, Produzent, Schauspieler, Politiker und manchmal sogar Filmkomponist. Wir sind gespannt, welchen Film wir von ihm als nächstes sehen! Bild in Detailansicht öffnen

Die Kehrseite des American Dream

Elisabeth Bronfen bezeichnet Clint Eastwood als „uramerikanisch“. Trotzdem stehe er eher für die Kehrseite des amerikanischen Traums: „Er zeigt immer wieder auch, was an diesem Traum nicht funktioniert oder was die Kollateralschäden dieses Traums sind.“ Er zeige immer wieder Figuren, die ihren amerikanischen Traum leben wollten, daran aber scheiterten.

Aber „es wäre jetzt falsch ihn in die ganz extreme antimythologische Richtung des amerikanischen Kinos zu tun. Er glaubt ja irgendwie schon an das Projekt Amerika und er glaubt irgendwie schon daran, dass man ein Held sein kann. Und gleichzeitig entlarvt er, was das alles bedeutet.“

Elisabeth Bronfen ist Kulturwissenschaftlerin und Professorin am Englischen Seminar der Universität Zürich. In zahlreichen Büchern beschäftigt sie sich mit Persönlichkeiten und Themen aus Film und Kino.

Clint Eastwood feiert am 31. Mai seinen 90. Geburtstag.

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