Die bekannte Fotografin Nan Goldin hat in den letzten Jahren als politische Aktivistin von sich reden gemacht: als Gegnerin der schwerreichen Pharmadynastie Sackler, die mitverantwortlich ist für die Opioid-Krise in den USA. Die oscarprämierte Dokufilmerin Laura Poitras hat Nan Goldin in „All The Beauty and the Bloodshed” porträtiert.
Kampf gegen die Pharmadynastie Sackler
Im Atrium des New Yorker Guggenheim-Museums schneit es Rezepte. Hunderte weiße Zettel schweben Richtung Boden, während über den Balustraden des schneckenförmigen Baus Transparente entrollt werden. Es ist eine Protestaktion der Aktivistengruppe P.A.I.N. rund um die Fotografin Nan Goldin. Seit 2017 kämpft die renommierte Künstlerin gegen die Pharmadynastie Sackler – eine Familie, die Museen und andere kulturelle Einrichtungen weltweit mit viel Geld unterstützt.

Über 600.000 Amerikaner sind bisher Opfer ihrer Opioid-Sucht geworden
Reich geworden sind die Sacklers mit dem Verkauf von verschreibungspflichtigen Schmerzmitteln. Das verheerendste: OxyContin. Es macht schnell süchtig und ist oft der Einstieg in eine Drogensucht. Das Medikament gilt als Auslöser der Opioid-Krise, die bislang über 600.000 Amerikaner*innen das Leben gekostet hat. Auch Nan Goldin selbst hat eine schwere Abhängigkeit samt Entzug hinter sich.

Das Private und das Politische sind eng verbunden bei Nan Goldin
Regisseurin Laura Poitras, die mit „Citizenfour“ bereits eine oscarprämierte Doku über den Whistleblower Edward Snowden gedreht hat, verschränkt Goldins Kampf gegen die Familie Sackler mit einem Porträt der eigenwilligen Künstlerin. In ihrem Werk sind das Private und das Politische von Anfang an eng verbunden.
In den 80er-Jahren schafft Goldin den Durchbruch in der New Yorker Kunstwelt mit Fotos von sich und ihrem Freundeskreis. Allerdings ist es ein ganz unalltäglicher Alltag, den sie da schnappschussartig einfängt: eine queere Subkultur von Undergroundkünstlern, Partygängern und Drag Queens.
Mischung aus Lebensbeichte und Lebenswerk
In „All the Beauty and the Bloodshed” montiert Poitras Nan Goldins Fotos und Diashows zu einer beeindruckenden Collage. Im Off legt die 69-Jährige dazu eine Art Lebensbeichte ab. So erzählt sie nicht nur von eigener Sucht und Gewalterfahrung, sondern auch von den großen Verlusten ihres Lebens: wie ihre rebellische Schwester, nachdem sie von ihren Eltern in die Psychiatrie abgeschoben worden war, Selbstmord beging. Oder wie die AIDS-Epidemie in den 80ern fast ihren gesamten Freundeskreis tötete.
Persönlicher Schmerz als Antrieb für Goldins Kunst und Aktivismus
Das eindringliche Filmporträt legt offen, dass die Kunst Goldins aus tiefem persönlichen Schmerz kommt. Dieser ist zugleich der Antrieb für ihren politischen Aktivismus. Wirkt Goldins Kampf gegen die toxische Philantropie der Sacklers zu Beginn aussichtslos, gerät er am Ende zum Erfolg: Einigermaßen unwillig nehmen die großen Museen kein Geld mehr von den Sacklers an und tilgen letztendlich sogar deren Namen von den Wänden.
„All the Beauty and the Bloodshed“ zeigt eine unkonventionelle Künstlerin und eine mutige Aktivistin, für die Kunst und Leben schon immer zwei Seiten derselben Medaille waren.
Trailer Kinodoku „All the Beauty and the Bloodshed”, Kinostart 25.5.
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