„Bio zum Beispiel ist unheimlich beliebt. Warum kann der nicht einfach sagen: Ich bin schwul. Hape Kerkeling, der ist ein Sympathieträger. Ich habe gestern mit ihm telefoniert und habe ihn gefragt: Sag mal, würdest du dich öffentlich machen? Da hat er mir gesagt: Jetzt noch nicht, aber vielleicht später.“
Unfreiwilliges Coming-out
Für Alfred Biolek und Hape Kerkeling, die nicht anwesend sind, kommt das unfreiwillige Outing völlig überraschend. Biolek verweigert jeden Kommentar.
„Im ersten Moment habe ich gedacht: Oh, Gott, was denkt meine Tante Lisbeth. Die ist Nonne im Kloster.“
Hape Kerkeling nimmt die Sache letztlich mit Humor: „Im ersten Moment habe ich gedacht: Oh, Gott, was denkt meine Tante Lisbeth. Die ist Nonne im Kloster. Wenn die das jetzt sieht, dann bin ich geliefert.“
Tatsächlich stellt sich dann aber sehr schnell heraus, dass es der Beliebtheit der beiden nicht im Geringsten schadet. „Ich wusste, so etwas ist unanständig. So etwas machen nur Schweine“, sagte Rosa von Praunheim zu der Aktion. „Aber Kerkeling und Biolek haben später gesagt, dass sie befreit sind, dass das Versteckspiel vorbei ist.“
Von Praunheims Kampf für Gleichberechtigung
Es ist nicht das erste Mal, dass Rosa von Praunheim versucht, die Schwulen aus ihrem Schattendasein in die Mitte der Gesellschaft zu locken. Mit seinem Film „Nicht der Homosexuelle ist pervers, sondern die Situation, in der er lebt“ provozierte er 1970 nicht nur die sogenannten Normalbürger, sondern auch die Homosexuellen selbst.
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Der Film wurde zur Initialzündung für die Schwulenbewegung in Deutschland. Innerhalb eines Jahres gründeten sich über 50 Schwulengruppen, die bereit waren, sich öffentlich zu ihrer Homosexualität zu bekennen und für ihre Rechte auf die Straße zu gehen.
Erst 1990 sieht man Schwule im TV
Seit 1969 galt Homosexualität unter erwachsenen Männern zwar nicht mehr als Straftat, doch erst 1994 wurde der Paragraph 175 endgültig aus dem Strafgesetzbuch gestrichen. Homosexualität bleibt in der breiten Gesellschaft aber auch danach weiterhin ein Tabuthema.
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Als ab 1990 in der beliebten Vorabendserie Lindenstraße ein schwuler Protagonist auftaucht und vier Jahre später im Kino „Der bewegte Mann“ knapp sieben Millionen Zuschauerinnen und Zuschauern Bilder eines gemeinsamen, teilweise skurrilen Alltags von Homo- und Heterosexuellen präsentiert, ist das Thema erstmals einem Millionenpublikum zugänglich.
Die Akzeptanz wächst
Der Fortschritt, den die Schwulenbewegung seitdem erreicht hat, ist unverkennbar: Seit 2017 können homosexuelle Paare in Deutschland eine zivilrechtliche Ehe mit den gleichen Rechten und Pflichten wie Heterosexuelle eingehen. Immer mehr Homosexuelle outen sich mittlerweile freiwillig.
2001 mit dem Berliner Bürgermeister Klaus Wowereit tat das erstmals ein aktiver Politiker: eine weitere Zäsur. Zahlreiche Prominente haben es Wowereit in den vergangenen Jahren gleichgetan: Moderatorin Anne Will und Fußballstar Thomas Hitzlsperger, Schauspieler Clemens Schick, Schlagersänger Patrick Lindner und CDU-Politiker Jens Spahn. Die Sensation blieb aus.