Premiere im künftigen Mainzer Leibniz-Zentrum für Archäologie
Sonderbar. So lässt sich nicht nur der erste Blick auf die Bühne, sondern auch der gesamte Theaterabend zusammenfassen. Aber der Reihe nach. Das Publikum nimmt nämlich nicht im Theater Platz – damit fängt es schon an, sondern im noch nicht eröffneten Mainzer Leibniz-Zentrum für Archäologie. Staatstheater und römisch-germanisches Zentralmuseum, zu dem der Neubau gehört, kooperieren miteinander. Und tatsächlich passt das sonderbare Theaterstück „Rob“ ideal zu diesem herausgeputzten und doch unfertigen Raum.
Auf der Bühne dieses Raums hat sich eine obskure Gemeinschaft zusammengefunden. „Wir werden über die Liebe sprechen“, begrüßt eine Figur die Anwesenden: „Bevor wir beginnen, möchte ich Ihnen allerdings noch ein paar Dinge mit auf den Weg geben. Ihre Haare müssen schön sein. Gekämmt und schön. Ihre Kleidung, sie muss schön sein. Es gibt keinen guten Grund, hässliche Kleidung zu tragen…“

Inspektor von der Polizei“ heißt die Figur, die mit diesen Worten die anderen Anwesenden begrüßt. Die anderen, das sind zum Beispiel die Mutter und der Vater von Rob, die Schwester von Rob oder ein Mann, der gerne so wäre wie Rob. Sie sind zusammengekommen, um an Rob zu erinnern oder besser, um ihm zu huldigen.
Rob — ein grausamer Mörder als bewunderter Held
Rob selbst tritt nie in Erscheinung. Denn Rob ist tot. Aber auch einige der Anwesenden leben längst nicht mehr; Rob war nämlich ein grausamer Mörder und Gewaltverbrecher, und gleichzeitig ein für sein schönes Aussehen und seine Kaltblütigkeit bewunderter Held. Im wahren Leben hieß er Roberto Succo. Er schlitzte, schlug und stückelte sich durch das Italien der 80er Jahre. Ein Spielfilm und ein Theaterstück sind über Succos Leben bereits erschienen. Das komische Drama von Efthymis Filippou knüpft an diese Arbeiten an.
„Rob“ ist die erste große Regiearbeit von Wolfgang Menardi. Menardi ist Schauspieler, Architekt und einer der gefragtesten Bühnenbildner im deutschsprachigen Raum. Auch für sein Mainzer Regiedebut hat er das Bühnenbild entworfen. Die Grenze zwischen Leben und Tod spiegelt sich dort genauso wider wie beim gesamten Bühnengeschehen. Ein schwarzes Pferd wird von einer Wand verschluckt, wolfsähnliche Tierskulpturen stehen herum, denen mal ein Bein fehlt, mal sitzt ein Ohr an Stelle des Kopfes auf dem Hals.
Rob-Verehrer*innen - unheimliche Cyborgs und Zwitterwesen
Dazu passen die Kostüme von Jelena Miletic, die aus den wächsernen Rob-Verehrern unheimliche Cyborgs und Zwitterwesen macht. Frauen mit unendlich langen Haaren und Oberlippenflaum sind da zu sehen, Männer mit nacktem Babybauch. Teile mancher Gesichter müssen mit Spangen und Metallteilen fixiert werden. Das ist gruselig und zum Lachen gleichermaßen. Genauso wie der Text, in dem sich ein bizarrer Monolog zur Vergötterung von Rob an den nächsten reiht.

Ein morbides Wimmelbild
Immer wieder werden Massenmörder wie Popstars verehrt. Ein merkwürdiges Phänomen. Autor Efthymis Filippou hat dieses Phänomen in einen rasanten, wortstarken Text gegossen. Regisseur und Bühnenbildner Wolfgang Menardi macht aus dem Text ein morbides Wimmelbild, in dem nichts ist, wie es zu sein scheint. Ein zu allen Schandtaten bereites Schauspieler-Ensemble bevölkert das Wimmelbild zweieinhalb Stunden lang bestialisch prügelnd, tollwütig zuckend oder skurril tanzend. Dadurch ist der Theaterabend nicht nur sonderbar. Sondern sonderbar gut.

Mehr zum Stück sowie weitere Aufführungstermine auf den Seiten des Staatstheaters Mainz