Ein vielfältiges Programm von Sprech-, Figuren- und Tanztheater aus ganz Deutschland erwartet die Besucher*innen des Stuttgarter Theaterfestivals Made in Germany. Zum Auftakt setzt sich die großartige Performance „Kaffee mit Zucker?“ mit den Auswirkungen des Kolonialismus bis heute auseinander.
Kaffee für den Export: ein Symbol weißer Vorherrschaft
Ein verführerischer Kaffeeduft steigt dem Publikum in die Nase. Aus einer Karaffe schenkt die Performerin Laia RiCa ihn ein. Kaffee – mit dem steigenden Konsum im globalen Norden baut der globale Süden bis heute immer mehr davon an – auch in El Salvador, wo Laia RiCa zur Schule ging.
„In dem Schulausflug zu einer Kaffeeplantage hab ich gelernt, die großen ganzen Bohnen sind für den Export. Und wir in Lateinamerika wir trinken hauptsächlich Nescafé. Importiert aus der Schweiz.“
Die großen Plantagen gehören auch heute immer noch wenigen und vor allem den Nachfahren der eingewanderten Europäer – darunter viele Deutsche. Laia RiCa stellt deshalb Fragen, zum Beispiel an den deutschen Kaffeeplantagenbesitzer Dröge, der nach dem ersten Weltkrieg nach Guatemala einwanderte.

In zugespielten Aufnahmen antwortet der Kaffeeplantagenbaron in der Performance. Im Hintergrund der Bühne sieht man auf einer weißen Leinwand halbnackte indigene Frauen und Männer, die unter unsäglichen Bedingungen zur Arbeit auf den Kaffeeplantagen verdingt wurden. Starke Eindrücke – live begleitet von der kubanischen Musikerin Yahima Piedra Córdova.
Die Performance „Kaffee mit Zucker?“ von und mit Laia RiCa:
Laia RiCa bezeichnet sich als „Mestiza“ – ein Gemisch wie Kaffee und Zucker
Auf der Bühne macht Laia RiCa Zuckerwatte – und stülpt sich einen Berg der weißen klebrigen Masse über den Kopf. Lieber weiß sein, als indigener Abstammung. Ein Zwiespalt in dem auch Laia RiCa selbst steckt: Geboren in El Salvador, lebt sie heute in Berlin. Die Performerin hat spanische und indigene Wurzeln. „Wann fingen wir uns an mit dem Wort Indio zu beschimpfen?", fragt sie.
Die eigenen indigenen Wurzeln scheinen gekappt und verloren. Abgeschnitten durch die brutalen Auswirkungen eines ausbeuterischen Kolonialismus, der sich noch heute auswirkt. Das zeigt diese großartige Performance mit ihren Videoinstallationen auf beeindruckende Weise.
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Made in Germany
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