
Schon in den 70er-Jahren wusste man vom Klimawandel
Neben Wassergläsern steht ein Mini-Ventilator, dazu alte Telefonapparate, Hupen und vieles mehr. Ein Globus schwebt über Schreibtischen mit Mikrofonen. Dahinter sitzen zwei junge Frauen und ein junger Mann und machen klar: Schon in den 70er Jahren befürchtete man, dass sich das Klima stark erwärmen könne.
In einem rasanten und faktenreichen Live-Hörspiel kommt der Essay von Nathaniel Rich im Studiotheater Stuttgart auf die Bühne. Im Mittelpunkt der Geschichte stehen der amerikanische Umweltlobbyist Rafe Pomerance und der Nasa-Forscher James Hansen. Ende der 70er-Jahre erkennen sie, dass sich der Klimawandel desaströs beschleunigt - mit verheerenden Folgen.

Sie versuchen gemeinsam dagegen anzugehen. Doch bei einer Anhörung, Anfang der 80er-Jahre vor dem amerikanischen Kongress, bedrängen Politikberater den Wissenschaftler Hansen. Er soll behaupten, die Ursachen des Klimawandels seien unbekannt.
„Alles Einschränkungen, die mich wie einen Trottel aussehen lassen. Jim Hansen wurde aufgefordert, selber vom Kongress zu verlangen, nur solche Klimagesetze zu erwägen, die sofort der Wirtschaft zugutekämen. Und zwar ungeachtet aller Bedenken wegen eines wachsenden Treibhauseffekts.“
Hörspiel auf der Bühne mit selbstgebastelter Insel und Playmobilmännchen
Detailreich zeigt das von Regisseur Günter Maurer bearbeitete Stück, wie Ölkonzerne versuchen, wissenschaftliche Erkenntnisse zu diskreditieren. Wie sie mit Millionenbeträgen Gutachten bestellen, die den Klimawandel als Fake abtun. Wie die Politik auf den ersten Weltklimakonferenzen den CO2 Ausstoß begrenzen will, es letztlich aber bis heute oft bei reinen Lippenbekenntnissen und einem großen Politikversagen bleibt.

Das ist originell und unterhaltsam umgesetzt. Einfach Wasser in eine Art Aquarium gefüllt, dazu eine kleine selbstgebastelte Insel auf der ein Playmobilmännchen absäuft.
Als besonders unrühmlich beschreibt der Autor Nathaniel Rich die Rolle der USA. Nach der Wende – mit dem Niedergang der Sowjetunion, seien die Vereinigten Staaten politisch extrem stark gewesen. Und sie hätten gegen besseres Wissen verhindert, dem Klimawandel rechtzeitig etwas entgegenzusetzen. Überschwemmungen, Dürren, verheerende Brände – inzwischen leidet die Welt bereits unter den Folgen. Doch die Jugend begehrt zunehmend auf, zum Beispiel in der „Fridays for Future“-Bewegung.

Das Theater als Ort, an dem man Mitstreiter für den Klimawandel gewinnen kann
„Losing Earth“ ist ein gelungener Abend, der die Zuschauerinnen und Zuschauer über alle Altersgrenzen hinweg miteinander ins Gespräch bringen und aufrütteln will.
Wie viel man selbst überhaupt noch machen kann, um das Problem effektiv anzugehen, das ist eine Frage, die sich wohl manche nach diesem Abend stellen. Vielleicht antwortet man am besten mit den Worten der Meeresbiologin Antje Boetius. Sie sagte vor Kurzem sinngemäß – das Theater sei ein Ort, an dem man Mitstreiter gegen den Klimawandel gewinnen kann. In dem Gefühl „wir sind viele“ stecke schließlich eine große Macht.