Oper

Jubel bei Opernpremiere in Zürich – „Roberto Devereux“ von Gaetano Donizetti

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AUTOR/IN
Bernd Künzig

Im 19. Jahrhundert komponierte Gaetano Donizetti eine Trilogie um das Haus der Tudors. Den Schlussstein und Höhepunkt der Trilogie – „Roberto Devereux“ – hat jetzt David Alden am Opernhaus Zürich in Szene gesetzt – ein frenetisch gefeierter Abend ist ein weiterer Triumph für das Opernhaus.         

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Die Enthüllungen von Prinz Harry wirken im Vergleich wie Kindergreinen

Die Enthüllungen von Prinz Harry im englischen Königshaus wirken wie das Greinen eines beleidigten Kindes gegen das Anfangsbild von Gaetano Donizettis Oper „Roberto Devereux“ am Opernhaus Zürich.

Auf der Bühne liegt die enthauptete Anne Boleyn in einer Blutlache. König Heinrich der Achte, der englische Blaubart, steht noch mit gezücktem Degen vor der Leiche. Im Hintergrund die kleine Elisabeth, die sich eine Binde von den Augen zieht. In dieser stummen Szene zu der von Donizetti zitierten Musik der englischen Hymne, liegt schon der ganze Wahnsinn, in den dieses Melodram führen wird.

„Roberto Devereux“ am Opernhaus Zürich:  Anna Goryachova als Sara und Konstantin Shushakov als Duca di Nottingham (Foto: Pressestelle, Opernhaus Zürich, Foto: Toni Suter)
„Roberto Devereux“ am Opernhaus Zürich: Anna Goryachova als Sara und Konstantin Shushakov als Duca di Nottingham Pressestelle Opernhaus Zürich, Foto: Toni Suter

Irre Geschichte um Eifersucht, Wahnsinn und Hochverrat

Die alternde Königin Elisabeth ist immer noch in ihren einstigen Geliebten Roberto Devereux, den Earl of Essex verschossen. Der hat gerade ein Hochverratsverfahren nach seinem irischen Abenteuer am Hals.

Die Königin hält noch ihre schützende Hand über ihn, ist aber eifersüchtig auf eine mögliche Rivalin. Und die ist ausgerechnet ihre vertrauteste Hofdame Sara, die sie mit dem Herzog von Nottingham verheiratet hat, dem besten Freund Devereux.

Die Beziehung des Paares rührt aus vorehelichen Zeiten und bleibt letztlich keusch, aber emotional. Ein von Nottingham beim verhafteten Roberto entdeckter, von Sara genähter Schal besiegelt sein Schicksal. Der Freund verrät ihn, die Königin unterschreibt sein Todesurteil und die mit dem rettenden Ring als Zeichen von Robertos Treue zur Königin herbeieilende Sara kommt zu spät. Der Kopf ist ab und die ihren Roberto zurückwünschende Königin verfällt dem Wahnsinn und dankt ab.

„Roberto Devereux“ am Opernhaus Zürich: Anna Goryachova als Sara und Stephen Costello als Roberto Devereux (Foto: Pressestelle, Opernhaus Zürich, Foto: Toni Suter)
„Roberto Devereux“ am Opernhaus Zürich: Anna Goryachova als Sara und Stephen Costello als Roberto Devereux Pressestelle Opernhaus Zürich, Foto: Toni Suter

 Melodram als bildstarker Totentanz

David Alden erzählt das Melodram als bildstarken Totentanz. Einige Choristen tragen Kostüme aus dem 19. Jahrhundert und unserer Zeit, aber alle Hauptfiguren erscheinen in historischer Renaissancegewandung. Der Ausstatter Gideon Davey hat einen Raum mit einem drehbaren Halbzylinder aus kalten Marmorblöcken errichtet. Darauf angebracht sind die zahllosen Porträts der jungfräulichen Königin in unterschiedlichen Lebensphasen.

Ein Bild lässt sich von dieser ambivalenten Persönlichkeit eben nicht machen. Am Ende steht sie abgeschminkt vor ihren verhüllten Porträts, als alternde, leidenschaftlich leidende Frau. Ihre Umgebung ist ihr längst verrückt wie sie sich selbst. Der surreale Irrsinn liegt aber schon in Donizettis genialer Partitur. 

„Roberto Devereux“ am Opernhaus Zürich: Stephen Costello als Roberto Devereux (Foto: Pressestelle, Opernhaus Zürich, Foto: Toni Suter)
„Roberto Devereux“ am Opernhaus Zürich: Stephen Costello als Roberto Devereux Pressestelle Opernhaus Zürich, Foto: Toni Suter

Kongeniale Gesangs- und Ensenmbleleistungen

Die melodramatische Verrückung des Historischen ins Surreale muss man aber singen können. Und Inga Kalna als Elisabeth kann es bravourös. Ihr dunkel timbrierter Sopran steigt in die Höhen des Irrsinns als sei’s ein Vogelflug. Das ist wahnsinnig

Da die Sara von Anna Goryachova über eine ähnlich dunkel gefärbte Stimme verfügt, wird sie fast zum vokalen Spiegelbild der Elisabeth und nicht nur zu ihrem Gegenpart. In der Titelpartie des Roberto Devereux singt Stephen Costello mit lyrisch klarem und perfekt sitzendem Tenor. Eine starke Stimme. Und Konstantin Shushakov ist ein so nobler Nottingham, der einem in seinem rasenden Rachewahn am Ende die Ohren öffnet.

Enrique Mazzola am Pult der Philharmonia Zürich ist der derzeit vielleicht beste Dirigent für die Welt des italienischen Bel Canto-Melodrams. Er ist nicht nur ein sensibler Begleiter, sondern durchleuchtet mit großer Empfindsamkeit die Farbpallette der Instrumentationskünste Donizettis.

Das Opernhaus Zürich kann mittlerweile auf eine langanhaltende Bel Canto-Pflege zurückblicken und dieser frenetisch gefeierte Abend ist ein weiterer Triumph für das Haus.         

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Bernd Künzig