Das Theater Basel hat Béla Bartóks Oper „Herzog Blaubarts Burg“ und die Tanzpantomime „Der wunderbare Mandarin“ sinnvoll miteinander kombiniert.. Hier der scheinbare Frauenmörder, dort der unsterbliche Chinese, den nur die Liebe erlösen kann. Besonders gelungen: die szenische Handschrift von Christof Loy, der sowohl die Inszenierung der Oper als auch die Choreografie der Tanzpantomime verantwortet.
Ein Bartók-Doppelabend mit Tanz und Oper
Ein junger Dichter spricht zu Beginn der Aufführung mit Béla Bartóks Tanzpantomime „Der wunderbare Mandarin“ und der Oper „Herzog Blaubarts Burg“ am Theater Basel den magisch raunenden Prolog über die alten Märchenzeiten. Seine Worte werden von den wilden Aufschwüngen des Tanzstücks durchkreuzt.
Im Bühnenbild von Márton Ágh erhebt sich rechts die Rückseite einer Stadtfront auf hohen Baumstelzen. Drei Strolche zwingen das Mädchen zur Prostitution. Zwei Freier begehren sexuelle Erfüllung. Der eine so brutal wie der andere sentimental. Beide werden von den Zuhälterstrolchen kaltgestellt, bevor der Dritte im schwarzen Anzug erscheint.

Eine psychologisch klug erzählte Inszenierung von Christof Loy
Loy verleiht dem Mann im schwarzen Anzug die Aura des Erlösers und Verführers. Selbst für die Strolche und die Freier ist er körperlich anziehend. In ihrer verwirrten Berührtheit wissen sie nichts anderes, als ihm Gewalt anzutun.
Sie wollen ihn erschlagen, ersticken, erstechen und ertränken. Doch immer wieder erhebt er sich in seiner bloßen Nacktheit aufs Neue. Erst in den Armen des liebenden Mädchens findet er den Tod: das Bild der Pieta. Zum ersten Satz von Bartóks viel später entstandener „Musik für Saiteninstrumente, Schlagzeug und Celesta“ erfolgt seine Auferstehung.

Was mit diesem Paar geschehen wird, erfahren wir nach der Pause
Im Opern-Einakter „Herzog Blaubarts Burg“ tritt die nun gealterte Judith wieder auf. Sie trägt das gleiche schwarze Kostüm wie das Mädchen am Ende des Tanzstücks, der auferstandene Mandarin tritt als Blaubart wieder im Anzug in Erscheinung. Die rückseitige Stadtfront ist als Burgmauer von den Baumstelzen herabgerückt. Davor spielen sich Szenen einer Ehe ab.
Die geheimnisvollen Zimmer der Burg, von denen Judith singt und die sie öffnen will: wir sehen sie nicht. Folter-, Rüst- und Schatzkammer, Landschaftsausblick und Tränensee sind nur innere Bilder einer machtvollen und doch gequälten Seele. Der Erlöser ist selbst erlösungsbedürftig.

Als Judith hinter das Geheimnis der in seiner Seele noch immer verschlossenen anderen Frauen kommt und Blaubart ihr nun seine Liebe bekennt, ist es zu spät für das bohrende Wissenwollen. Er versinkt in einem dunklen Abgrund. Judith bleibt allein zurück vor den aus dem Boden wachsenden Stämmen, mit denen die Burgfassade ins Unerreichbare entschwebt.
Ein grandioses Bild der Vergeblichkeit für diese Reise ins Herz der Finsternis. Erlösung gibt es keine in einer längst entzauberten Welt.

Herausragende Besetzung mit Evelyn Herlitzius und Christoph Fischesser
Mit Evelyn Herlitzius als Judith und Christoph Fischesser als Blaubart verfügt Regisseur Christof Loy über begnadete Sängerdarsteller*innen, die sich auf diese Szenen einer Ehe ohne jeglichen Schnickschnack einlassen.
Dieser hochemotional ausagierte sängerische Purismus setzt die körperliche Verausgabung des wunderbaren Tanzensembles im ersten Teil nahtlos fort. Wie die Regie hält auch Ivor Bolton am Pult des Basler Sinfonieorchesters die Musik mit entsprechend spannungsgeladener Stringenz zusammen. Das ist großes, ganz aus der Musik entstehendes Theater, ein Gesamtkunstwerk der Liebe aus Bewegung, Stimmen und Bild.
Der wunderbare Mandarin / Herzog Blaubarts Burg
Pantomime und Oper von Béla Bartók
Vorstellungen am Theater Basel bis 14. Januar 2023
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