Ein weißes Labyrinth
Eine labyrinthische Flucht von Räumen der klassizistischen Eleganz in kaltem Weiß, Wotan als Auftraggeber des Riesenbaus weiß offensichtlich nicht, was in diesen weit entfernten Räumen vor sich geht.
Denn der notgeile Underdog Alberich wird von den drei geklonten Rheintöchtern bei Sexspielchen in ihren Schlafzimmern verspottet und raubt ihnen ein Stückchen Gold aus einem roten Kästchen. Nach dem Liebesfluch schmiedet er daraus den die Welt beherrschenden Ring der Macht. Als Hausherr Wotan hinter den Goldraub kommt, will er das Machtstück natürlich für sich haben. Und von da an geht es steil abwärts mit dem Gelichter im großbürgerlichen Herrensitz.
Impressionen von der Inszenierung

Verblüffende Texttreue mit richtigem Drachen
Andreas Homoki, Regisseur und Intendant des Opernhaus Zürich folgt der Deutungslinie von Patrice Chéreaus Bayreuther Inszenierung (1976), die Wagners "Der Ring des Nibelungen" als Metapher für die kapitalistische Machtordnung des 19. Jahrhunderts festlegte. Homokis kluge und durchaus raffinierte Inszenierung, in der sich auf der mobilen Drehbühne ständig ändernden Unendlichkeit der Räume, erzählt dabei die Gesellschaftskomödie des „Rheingold“ mit einer lange so nicht mehr erlebten, verblüffenden Texttreue. Alberichs Verwandlung mit Hilfe des Tarnhelms in einen richtigen Drachen und in eine hüpfende Kröte ist ein Schranktrick aus der magischen Klamottenkiste: Rein in den Schrank, Tür zu und schon springt das Monster heraus.
Homoki begreift diesen Vorabend als bitterböse, teils groteske Gesellschaftskomödie, in der Wagner mit Macht und Herrlichkeit von Anfang an abrechnet. Es ist eine fabelhaft mit Humor erzählte Geschichte zwischen Sozialrealismus, Märchen und surrealem Horror. Die daraus resultierende Menschheitstragödie folgt in den anderen Teilen.
Gewaltige Resonanzkörper auf kleiner Bühne
Matthias Klink verkörpert Loge, ist derzeit vielleicht vokal wie darstellerisch der beste Interpret dieser Partie, gibt den Feuergott rotgewandet als intellektuellen Brandstifter vom Balkan bei den großbürgerlichen Biedermännern. Sein Dienstherr Wotan ist der gewaltige Resonanzkörper des dunklen Basses von Tomasz Konieczny.
Christopher Purves ist mit seinem Rollendebüt trotz einiger textlicher Verhedderungen ein darstellerisch wie sängerisch überzeugender Alberich. Mit hypnotischer Eindringlichkeit wandelt er sich vom Outcast über den Tyrannen zum Gedemütigten, dem Wotan mit der Brutalität den Ring raubt. Anna Danik als Orakel Erda mit Augenbinde prophezeit den Untergang der Götter als lyrische Verführung. Als musikalische Gesellschaftskomödie ist das „Rheingold“ eine Ensembleoper und das verlangt die hier gegebene Homogenität der sängerischen Leistungen.
Musik in einem der kleinsten großen Opernhäuser
Gianandrea Noseda dirigiert dabei mit gemäßigten Tempi, in den Zwischenspielen zieht er an, aber immer mit dem Bewusstsein, eine Theatermusik und kein sinfonisches Gedicht zu realisieren. Das tiefe Blech ist an manchen Stellen überdominant, das mag aber im Falle des groß besetzten Orchesters dem eher engen Graben und der direkten Akustik in einem der kleinsten großen Opernhäuser geschuldet sein.
Ein gelungener Auftakt, der sowohl mit Blick auf die Regie als auch die musikalische Umsetzung Lust macht auf die Fortsetzung von Wagners Tetralogie in Zürich.