Mary Shelleys berühmter Roman „Frankenstein“ als Stoff für ein Ballett: Der Franzose Stéphen Delattre zeigt als künstlerischer Leiter seiner Dance Company die Geschichte rund um das menschengemachte Monster in den Mainzer Kammerspielen. In seinem Werk kombiniert er klassisches Ballett auf Spitze mit Elementen des zeitgenössischen Tanzes.
Ein moderner Touch für das Handlungsballett
Die Geschichte von Victor Frankenstein, der mit seinem Freund Henry aus Leichenteilen eine neue Kreatur erschafft, ist weltbekannt. Stephen Delattre bleibt zwar eng an der Romanvorlage, aber er kürzt vor allem die Personnages geschickt ein und verschlankt das Thema auf komprimierte eineinhalb Stunden.
Sein Faible für das Handlungsballett komme aus seiner Zeit bei Roland Petit, einem der wichtigsten Vertreter dieses Genres, so Delattre: „Ich liebe das „Story Ballett“, ich mag auch abstraktes Ballett. Ich mag die Arbeit auf Spitze und auf Socken und versuche dem Handlungsballett einen modernen Touch zu geben.“

Die Rolle des Monsters ist schwer zu tanzen
Für die Tänzer der Delattre Dance Company, die alle im klassischen und zeitgenössischen Tanz ausgebildet sind, ist „Frankenstein“ ein große Herausforderung, denn perfekte Schritte abzuliefern, das reiche nicht, so Stéphen Delattre: „Ich denke, es ist sehr wichtig, dass die Tänzer auch schauspielern können. Sie müssen sich neu erfinden und nicht nur ihren Körper erforschen, sondern auch ihre eigene Persönlichkeit.“
Die Musik, die der slowenischen Komponist Milko Lazar für „Frankenstein“ als Auftragswerk komponiert hat, unterstützt akzentreich die dramatische Entwicklung der Charaktere.
Besonders natürlich den des Monsters. Iannis Teirlijnck übernimmt diese komplizierte Partie: „Die Rolle des Monsters ist schwer zu tanzen. Es ist zusammengesetzt aus menschlichen und tierischen und monströsen Komponenten. Es hat etwas Bestialisches, Brutales, aber auch etwas sehr sensibles und zutiefst Menschliches.“

Aktuelle Bezüge im Stoff
Die zweite Herausforderung in der Rolle des Monsters, ist das Kostüm, meint Delattre: „Der Tänzer ist quasi nackt. Man sieht jeden einzelnen Muskel.Und die Maske des Monsters wiegt vier Kilo. Damit ist es sehr schwer zu tanzen, das ganze Gewicht liegt auf dem Kopf und den Schultern und der Tänzer muss seine Körperlichkeit und seine Bewegungen darauf abstimmen. Das ist sehr schwierig.“
Stephen Delattre mischt Gruppenszenen mit eindringlichen Soli und Duetten und zeigt dabei mit ganz unterschiedlichen choreographischen Sprachen auch verschiedene Arten der Liebe. Die heterosexuelle, die homosexuelle, die Liebe innerhalb einer Familie und auch die einer Patchworkfamilie.
Für Stephen Delattre geht es in dem weltberühmten Roman auch um die aktuellen Themen „Ablehnung und Ausgrenzung“ – das will er tänzerisch auf die Bühne bringen. Noch einmal Stephen Delattre: „Das Monster ist ein Symbol der Ablehnung. Ich denke in dem Monster ist viel Menschliches und unter den Menschen gibt es viele Monster.“