„Der Besuch der alten Damen” am Schauspiel Stuttgart

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„Der Besuch der alten Dame” am Schauspiel Stuttgart (Foto: Pressestelle, Schauspiel Stuttgart / Julian Baumann)
Eine Milliarde Dollar für ein Leben. In Friedrich Dürrenmatts Stück „Der Besuch der alten Dame“ verlangt die Milliardärin Claire Zachanassian von den Einwohnern ihres ehemaligen, Dorfes, dass sie in ihrer Jugend gedemütigt verlassen musste, einen Mord. Im Bild: Evgenia Dodina (Claire Zachanassian)
„Der Besuch der alten Dame” am Schauspiel Stuttgart (Foto: Pressestelle, Schauspiel Stuttgart / Julian Baumann)
Nun ist Claire wieder da, und sie fordert den Tod ihres ehemaligen Geliebten, der damals das gemeinsame Kind verleugnet und ihren Ruf ruiniert hatte. Damit enden aber auch schon die Übereinstimmungen zwischen Dürrenmatts Text und Burkhard C. Kosminskis Stuttgarter Inszenierung. Evgenia Dodina (Claire Zachanassian), Felix Strobel (Der Polizist), Marco Massafra (Der Lehrer)
„Der Besuch der alten Dame” am Schauspiel Stuttgart (Foto: Pressestelle, Schauspiel Stuttgart / Julian Baumann)
Bei Kosminksi wird der Schweizer Ort Güllen zum schwäbischen Güllingen, die Handlung spielt in der Bundesrepublik um das Jahr 1960, und Claire Zachanassian wurde als das jüdische Mädchen Clara Goldberg aus Güllingen vertrieben. Im Bild: Felix Strobel (Der Polizist), Gabriele Hintermaier (Der Butler), Marco Massafra (Der Lehrer)
„Der Besuch der alten Dame” am Schauspiel Stuttgart (Foto: Pressestelle, Schauspiel Stuttgart / Julian Baumann)
Der Rache-Deal, den Claire den Güllingern vorschlägt, erscheint angesichts der deutschen Verbrechen nur wie die letzte Stufe der Korruption einer schon lange korrumpierten Gesellschaft. Gleichzeitig jedoch ist diese Wendung – reiche Jüdin kauft deutsche Stadt – auch ein antisemitisches Klischee. Im Stück wird das deutlich, wenn Geldscheine von der Decke regnen. Im Bild: Felix Strobel (Der Polizist), Gabriele Hintermaier (Die Pfarrerin), Sven Prietz (Der Bürgermeister)
„Der Besuch der alten Dame” am Schauspiel Stuttgart (Foto: Pressestelle, Schauspiel Stuttgart / Julian Baumann)
Zum Glück setzt Kosminski noch eine ganz andere Ebene ins Stück, die nichts mit Dürrenmatt zu tun hat, sondern sehr viel mit Evgenia Dodina, die aus der Rolle der Claire Zachanassian heraustritt und auf hebräisch aus ihrem Leben erzählt. Evgenia Dodina (als Evgenia Dodina)
„Der Besuch der alten Dame” am Schauspiel Stuttgart (Foto: Pressestelle, Schauspiel Stuttgart / Julian Baumann)
Das ist sehr direkt und persönlich. Eine jüdische Familiengeschichte im 20. Jahrhundert: Evgenia Dodina erzählt, wie sie selbst in den 80er Jahren als Schauspielstudentin aus Belarus nach Moskau kam und in den 90er Jahren nach Israel auswanderte. Dass ihre Mutter eine ängstliche Frau war, die 1941 aus Belarus vor den Deutschen nach Usbekistan floh – während andere Verwandte im Holocaust starben. Dass ihre Großmutter in Usbekistan verhungerte. Evgenia Dodina (als Evgenia Dodina)
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AUTOR/IN
SWR