Sexualität spielt eine sehr große Rolle für uns Menschen. Es gibt kaum ein Lebewesen, das so oft Sex hat wie der Mensch.
Sex hält die Beziehung zusammen
Das menschliche Sexualleben bedarf einer Erklärung: "Wir setzen zwei, drei, vier Kinder in die Welt, haben aber zwei-, drei-, viertausend Mal Sex", sagt Christian Thiel.
Der Grund: Die Sexualität diene der Bindung aneinander. Das sei die eigentliche Funktion, die sie für uns Menschen hat, meinte der Single- und Paarberater. Natürlich sollen wir uns dabei auch fortpflanzen, aber tausende Male Sex seien eben nicht dafür da, um Kinder zu kriegen, sondern "dass wir ein Paar bleiben".
Die menschliche Sexualität war das Abendprogramm in der Savanne. Die hatten kein Netflix.
Eine feste Partnerschaft ist gut für unsere Kinder
Sex zur Stabilisierung der Beziehung habe sich im Lauf der Evolution so entwickelt, weil menschliche Säuglinge über einen langen Zeitraum extrem schutzbedürftig sind, erklärt Thiel. Es sei daher von Vorteil, wenn Eltern sich in einer stabilen Partnerschaft befinden und sich um den Nachwuchs kümmern.
Eine Fledermaus hat eine Kindheit von drei Wochen, die Jugend ist nach drei Monaten rum, dann fliegt die Fledermaus davon. Das sind auch Säugetiere wie wir. Die menschliche Kindheit und Jugend ist sehr lang und braucht sehr viel Betreuung. Das ist alles. Deshalb hat sich die menschliche Sexualität so entwickelt, wie sie ist.
Paarberater: So funktioniert eine gute Partnerschaft
Während es als selbstverständlich gilt, durch ein Studium oder eine Ausbildung Wissen zu erwerben, denken viele Menschen, dass Liebe und Beziehung "von alleine" geht. Das könne zwar sein, es helfe aber auch sehr, etwas darüber zu wissen, ist Christian Thiel überzeugt.
Grundsätzlich würden in einer Partnerschaft – egal ob gleichgeschlechtlich oder gegengeschlechtlich – immer zwei Welten aufeinandertreffen. Der Beziehungsexperte plädiert deshalb, entgegen des Spruchs "Gegensätze ziehen sich an", für das Prinzip der "Ähnlichkeitswahl".
Menschen müssen sich halbwegs ähnlich sein, damit sie ein gutes Team sein können.
Gleichzeitig sei es aber auch bei Menschen, die sich ähnlich sind, normal, dass es schwierige Phasen in der Beziehung gibt. "Eine langjährige Ehe ohne eine Ehekrise gibt es nicht", stellt Christian Thiel nüchtern fest. Im Kern gehe es darum, zu begreifen, dass die andere Seite "anders tickt".
Wie gelingt die ewige Liebe?
Die "ewige Liebe" basiert auf der Idee, dass man sich mit seinem Partner besser entwickelt, als ohne ihn. Dann bleibe man zusammen, meint Thiel. Hat einer von beiden dagegen das Gefühl, er/sie würde sich ohne den anderen besser entwickeln, strebt man auseinander.
"Zwei Menschen müssen sich gut tun", ist der Beziehungsexperte überzeugt. Wir sind immer dafür zuständig, uns selber zu entwickeln, aber auch dem anderen für seinen Weg den Rücken zu stärken. Wir müssen wissen, was der andere gerade empfindet, welche Themen ihn beschäftigen.
Die Beziehung sei glücklich und stabil, wenn wir für unseren Partner der Mensch sind, mit dem er/sie alles, was im Leben passiert, am besten besprechen kann. Ansonsten entstehe Instabilität und meist eine emotionale Distanz. Diese Distanz wirke sich auf die Sexualität aus. Die schlechter werdende Sexualität führe dann zu einem "galoppierenden Prozess nach unten".
Single- und Paarberater Christian Thiel
Christian Thiel studierte Philosophie und Germanistik und arbeitete lange am "Institut für tiefenpsychologische Individualpsychologie". Er ist seit über 21 Jahren mit seiner heutigen Frau verheiratet. Zuvor hatte er auch eine Scheidung und meint, es sei nicht von Nachteil, als Paarberater zu wissen, wie es sich anfühlt, in eine Trennung zu geraten.
Liebe ist kein Diamant, es ist ein Brot. Es muss jeden Tag frisch, neu gebacken werden.