Der Standpunkt in unserer Sendung

Ein Fazit zum 39. Kirchentag in Hannover. Von Mark Kleber

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Von Autor/in Kleber, Mark

Wichtiges Thema war vor allem die Frage, wie man die Demokratie stärken kann und welche Rolle die Kirchen dabei spielen.

„Mutig, stark, beherzt“ – das ist das Motto des Evangelische Kirchentag in Hannover, der heute Vormittag zu Ende, mit einem Schlussgottesdienst in einer knappen Stunde, ab zehn Uhr. Seit Mittwoch haben sich Protestantinnen und Protestanten getroffen, zum Kirchentag als Glaubensfest und Forum für politische Fragen. Beides will der Kirchentag ja sein. Wichtige Themen waren die Friedenspolitik, die weitere Aufarbeitung sexualisierter Gewalt in der Evangelischen Kirche und vor allem die Frage, wie man die Demokratie stärken kann und welche Rolle die Kirchen dabei spielen können und sollen. Mark Kleber war in Hannover dabei und zieht ein ganz persönliches Fazit.
Fazit? Das klingt schon fast zu fertig für das, was mir nach diesen Tagen in Hannover durch den Kopf geht. Auch, was mich selbst betrifft. Als Journalist habe ich ja die Aufgabe, kritisch zu sein und Dinge infrage zu stellen. Beispiel: Die Besucherzahlen. Die waren bei Kirchentagen früher deutlich höher. Also kann man natürlich kritisch danach fragen, welche Bedeutung diese Veranstaltung noch hat. Kritisch sein eben. Aber in diesem Jahr habe ich den Kirchentag anders erlebt. Und das hat vermutlich mit der aktuellen Lage zu tun, in der stattfindet. Die Stichworte kennen Sie alle, und sie haben auch in Hannover eine Rolle gespielt, Friedenspolitik zum Beispiel. Wie steht es um die Demokratie? Und wie können wir miteinander reden, auch wenn wir total unterschiedlicher Meinung sind? Und solche Meinungen gab es in Hannover. Vielleicht sollten wir auch im Alltag ein bisschen mehr Kirchentag wagen, geht mir durch den Kopf. Der ist vielleicht nicht sehr kritisch, aber ich persönlich finde tatsächlich ermutigend zu sehen, wie man streiten kann – ohne sich zu zerlegen. Und es gibt noch etwas anderes. Die Atmosphäre. Heiter, offen, friedlich und gelöst, so habe ich sie erlebt. Ich gebe zu, ich persönlich kann mir nicht vorstellen, mit anderen abends in der Innenstadt fromme Lieder zu singen. Aber ich gebe zu: Diesen friedlichen Zusammenhalt zu spüren, die Freude am Miteinander, die freundlichen Begegnungen, das hat mir gutgetan. Hoffnung gemacht. Und ich glaube, dass es wichtig ist, wenn Menschen diese Erfahrung machen. Besonders beeindruckt hat mich Marianne Edgar Budde, die Bischöfin aus Washington, die Trump in einer Predigt die Stirn geboten hat. In Hannover wurde sie mit stehenden Ovationen begrüßt. Und hat dann in einer Bibelarbeit mit ganz leisen Tönen viele ins Nachdenken gebracht, was es bedeutet, sich für Demokratie und Menschenwürde zu engagieren. Darf mich das berühren, obwohl ich journalistisch kritisch drangehen sollte? Gute Frage. Der Punkt ist: Mich hat das berührt. Und wissen Sie was? In diesen Zeiten finde ich das zu wertvoll, um es in einem Fazit kritisch zu zerreden.

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Kleber, Mark