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Neustart Inklusion: Auch die Angehörigen mitdenken

Stand

Von Autor/in Sabine Brütting

Menschen mit Behinderung stehen immer noch vor großen Hürden. Der Europäische Aktionstag für Menschen mit Behinderung will das ändern.

Randsteine, die zu hoch sind, um sie mit dem Rollstuhl zu überqueren, fehlende Untertitel im Fernsehen oder Arztpraxen, die nicht barrierefrei sind – Menschen mit Behinderung haben im Alltag nach wie vor viele Hürden zu überwinden. "Neustart Inklusion" fordert deshalb ein Bündnis aus verschiedenen Sozialverbänden am 5. Mai, dem Europäischen Aktionstag für Menschen mit Behinderung.

Holpriger Weg zur Inklusion

Inklusion – so nennt man die gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit Behinderung am gesellschaftlichen Leben. In Deutschland ist Inklusion in vielen Bereichen noch nicht ausreichend umgesetzt. Das kritsierten auch die Vereinten Nationen in ihrer Überprüfung der Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention im vergangenen Herbst. In Schulen scheitert die Inklusion an fehlendem Fachpersonal oder schlicht an der Barrierefreiheit. Unternehmen beschäftigen oft nur wenige Menschen mit Behinderung und zahlen lieber die so genannten Ausgleichsabgabe. Und in der Freizeit müssen Menschen mit Behinderung oft sehr genau planen, was sie unternehmen wollen. Denn wer beispielsweise bei einer Zugreise auf eine Rampe beim Einsteigen angewiesen ist, muss eine solche Reise mindestens 24 Stunden vorher anmelden. Blöd, wenn der Zug verspätet ist oder ganz ausfällt.

Auch die Angehörigen mitdenken

Familie PfeifferSiever
Familie Pfeiffer/Siever

Gerade wenn es um Kinder mit Behinderung geht, fühlen sich viele Eltern oft allein. Häufig müssen sie die Herausforderungen, die ein Kind mit Behinderung mit sich bringt, alleine schultern. Das beginnt schon in den Krabbelgruppen: Themen wie mögliche Therapien oder gesundheitliche Probleme der Kinder finden nicht statt. Die Folge: Pflegende Mütter bleiben lieber zu Hause und fühlen sich zunehmend isoliert. Dazu kommen die häufig quälend langen Prozesse bei den Krankenkassen. Und wenn die Inklusionskraft krank ist, kann das Kind nicht zur Schule gehen. Auf Instagram berichten zahlreiche Familien von ihren täglichen Kämpfen. Neben diesen ist die Rund-um-die-Uhr-Pflege auch körperlich belastend, sagt Daniela Pfeiffer. Ihr neunjähriger Sohn Leo ist schwerbehindert:

Leo Siever
Leo Siever

 

Dazu kommt für pflegende Eltern oft auch eine lange Phase der psychischen Belastung: Ein Kind, das schwer krank oder mit Behinderung zur Welt kommt, wirbelt erstmal den gesamten Lebensplan durcheinander. Eltern und auch Geschwister müssen Abschied nehmen von großen und kleinen Vorstellungen und sich neu orientieren. Sie müssen oft damit leben, dass ihr Kind schwer krank ist, viel Zeit im Krankenhaus verbringt oder damit, dass es keine genaue Diagnose gibt. Und natürlich sehen sie im Alltag andere Kinder, die sich altersentsprechend bewegen oder sprechen können. Das tut weh, sagt Daniela Pfeiffer:

Das war für mich sehr schmerzhaft. Wenn man irgendwie das Gefühl hat, man ist komplett isoliert. Und man hat diese Themen, und man weiß nicht, wohin mit diesem Schmerz und mit wem man das teilen kann.

Leo bei der Therapie
Leo bei der Therapie

Diese vielfältigen Herausforderungen will der Verein Mein Herz lacht e.V. aus Stuttgart sichtbar machen. Auf Instagram startet der Verein unter dem #Schauhin!Seida! eine Aktion, bei der Familien mit einem Kind mit Behinderung ihren Alltag zeigen. Diese Sichtbarkeit ist wichtig, sagt Vereinsgründerin Gail McCutcheon im Gespräch mit SWR1:

Nur wenn es den Eltern gut geht, geht es auch den Kindern gut. Das gilt für gesunde Kinder – und für Kinder mit Behinderung noch viel mehr.

Der Standpunkt in unserer Sendung Fazit zum 39. Kirchentag in Hannover. Von Mark Kleber

„mutig - stark - beherzt“: Unter diesem Motto stand der 39. Evangelische Kirchentag. Im Mittelpunkt standen vor allem Achtung und Verteidigung von Demokratie und Menschenwürde.

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