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Zwischen Faszination und Anteilnahme: nach dem Tod von Papst Franziskus

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Von Autor/in Claudia Bathe

Trotz fortschreitender Säkularisierung ist die Anteilnahme und das Interesse der Öffentlichkeit nach dem Tod von Papst Franziskus groß. Ein interessantes Phänomen, findet der Religionssoziologe Detlef Pollack.

Die Mitgliederzahlen in den Kirchen gehen zurück, immer weniger Menschen bringen sich in das Gemeindeleben ein und auch der Glaube an Gott verliert für viele an Bedeutung. Der Münsteraner Religionssoziologe Detlef Pollack beschäftigt sich seit Jahrzehnten mit diesen Phänomenen. Die starke Anteilnahme an den Ereignissen in Rom und die große mediale Aufmerksamkeit hat ihn deswegen überrascht. 

Der Leichnam von Papst Franziskus wird im offenen Sarg über den Petersplatz zum Petersdom überführt, wo er drei Tage lang aufgebahrt sein wird.

Fremdartig und faszinierend

Dass der Papst rund 1,4 Milliarden Katholikinnen und Katholiken weltweit repräsentiert, reiche als Erklärung seiner Meinung nach nicht aus. Wichtiger seien die Bilder, die zurzeit verbreitet werden, etwa die Menge von Gläubigen, die ergriffen sind und zum Teil mehrere Stunden warten, um sich persönlich verabschieden zu können oder Kardinäle, die in langen Reihen in den Petersdom einmarschieren. Das alles seien Bilder, die zwar wenig mit dem Alltag der Menschen zu tun haben und fremdartig wirken, die gleichzeitig aber auch faszinieren.

Die Bilder aus dem Vatikan lassen selbst Nichtgläubige spüren, welche Wirkung vom Amt des Papstes ausgeht

Der Papst als moralische Instanz

Der Papst ist trotz seiner religiösen Ausrichtung auch eine politische Figur. Er vermittelt in Konflikten und ergreift zum Teil Partei. "Trotzdem nimmt man ihn wahr als eine Instanz, die über dem tagespolitischen Geschehen und für ein höheres Wertesystem steht", so Pollack.

Die Menschen stehen Schlange, um den Petersdom zu betreten und Papst Franziskus im Vatikan die letzte Ehre zu erweisen.

Franziskus war ein Menschenfreund

Bei Franziskus kommt aber noch ein weiterer Faktor mit hinzu: Er war ein besonders menschenfreundlicher Papst. Seine herzliche und direkte Art hat ihn für SWR-Redakteur Hans-Michael Ehl besonders ausgezeichnet. "Geht an die Ränder!", hat er seinen Priestern ins Gewissen geredet, die sozial Schwachen hatte er immer im Blick.

Aus diesem seelsorglichen Impuls heraus seien seine Hauptthemen gekommen, so Ehl: Sein Eintreten für Ungerechtigkeit, seine Kapitalismuskritik an einer Wirtschaft, die tötet, wie er sagte, aber auch sein Eintreten für einen würdigen Umgang mit Migranten und für homosexuelle Menschen. Und er hat den Blick auf Regionen der Welt gerichtet, die zuvor nicht so sehr im Blickfeld waren. Papst Franziskus sah die Zukunft der Kirche im globalen Süden. Für viele Menschen aus Asien oder Afrika war er ein Hoffnungsträger.   

Rom

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Moderatorin Silke Arning

Moderatorin am Sonntagmorgen Silke Arning

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Claudia Bathe
Redakteur/in
Utku Pazarkaya